Meinungsforscher lagen wie andere Experten daneben: Kärnten ist offenbar anders. Vor allem die Stärke der Kanzlerpartei ÖVP sorgt für Staunen.
Kärnten ist anders. Der Satz der grünen Spitzenkandidatin Olga Voglauer in einer ersten Analyserunde bringt vieles aus dem Wahlsonntag auf den Punkt. Die Meinungsforscher hatten weder die herben Verluste der SPÖ noch das Erstarken der ÖVP auf dem Schirm. Manche sagten gar Einzelkämpfer Gerhard Köfer (Team Kärnten) Platz 3 vor den traditionell schwächelnden Kärntner Schwarzen voraus. Es kam ganz anders.
Doch warum? „Man hat sich offenbar zu sehr auf die Umfragen im Vorfeld und die Berichterstattung verlassen“, sagt der Kärntner Politikanalyst Peter Plaikner. Einer der Meinungsforscher ist Christoph Haselmayer vom Institut für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD).
„Die SPÖ hatte in der letzten Woche fallende Tendenz. Da hat sicherlich auch die Debatte um Parteichefin Pamela Rendi-Wagner eine Rolle gespielt.“ So sieht das auch Politikberater Thomas Hofer. „Die Debatten um die Parteispitze haben sicher nicht geholfen. Und sie werden nach Kärnten umso intensiver weitergehen.“
Die SPÖ hatte in der letzten Woche fallende Tendenz. Da hat sicherlich auch die Debatte um Parteichefin Pamela Rendi-Wagner eine Rolle gespielt.
Meinungsforscher Christoph Haselmayer
Die Gründe für das Erstarken von Türkis
Die Gewinne der ÖVP hingegen „waren für uns alle eine Überraschung“, sagen die Experten. Wie ist der Erfolg der zuletzt arg gebeutelten Kanzler-Partei von Karl Nehammer zu erklären? „Die ÖVP hat das Spiel von Medien und Umfragen mit den schlechten Werten brav mitgespielt. Zudem wurde das Team Kärnten wie schon die Liste Fritz in Tirol zu sehr gehypt. Da wie dort konnte man den Prognosen nicht gerecht werden“, sagt Plaikner.
Sein Kärntner Kollege Haselmayer hat mehrere Thesen für den ÖVP-Erfolg: Man habe die Zugkraft des Spitzenkandidaten Gruber unterschätzt; dieser konnte auch alle mutmaßlich inhomogenen Parteiteile hinter sich versammeln; und das Thema Flughafen in Klagenfurt dürfte stärker polarisiert haben als erwartet. Gruber machte sich besonders stark für den Erhalt. „Offenbar gilt der Flughafen vielen Kärntnern als Statussymbol“, sagt auch Thomas Hofer, der jedoch zur ÖVP offen konstatiert: „Manchmal sind Ergebnisse kaum erklärbar.“
Manchmal sind Ergebnisse kaum erklärbar.
Politikberater Thomas Hofer zum Abschneiden der ÖVP Kärnten
Regierungsparteien haben nun wieder die Mehrheit im Bundesrat
Die Türkisen haben nun mit Grün wieder die Mehrheit im Bundesrat. Zudem könnten sie wieder offensiver gegenüber den in Kärnten gescheiterten Grünen auftreten. Immerhin lagen alle Prognosen bei der FPÖ richtig: ein leichtes Plus von hohem Niveau ausgehend. Die Blauen, angeführt von dem aus Kärnten stammenden Herbert Kickl, durften sich freuen. Wenngleich ein besseres Resultat Gerhard Köfer verhinderte. Er fischt in mehreren Teichen. Vor allem im blauen.
Zu viel Kaiser, zu wenig Themen
Die SPÖ habe laut Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschafterin an der FH Kärnten, zu sehr auf den Landeshauptmannbonus und zu wenig auf Themen gesetzt. Das enttäuschende Abschneiden sei aber in erster Linie auf die schlechte Grundstimmung in der Bevölkerung gegen die Regierenden zurückzuführen, analysiert Stainer-Hämmerle das Wahlergebnis für die „Krone“.
„Martin Gruber wurde unterschätzt“
„Die SPÖ hat offensichtlich die Wahrnehmung in der Bevölkerung nicht verstanden“ und sei augenscheinlich von ihrem schlechten Ergebnis selbst überrascht worden. ÖVP-Spitzenkandidat Martin Gruber wurde seinerseits unterschätzt. Er habe es geschafft, bei den Konfrontationsrunden zu reüssieren und Unentschlossene zu überzeugen, Gerhard Köfer vom Team Kärnten sei das dagegen nicht gelungen. Gruber habe nun den Trumpf, gegen Landeshauptmann Peter Kaiser in eine Dreier-Regierung mit der FPÖ und TK gehen zu können. Stainer-Hämmerle geht jedoch von einer Fortsetzung von Rot-Schwarz aus.
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