Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat dem möglichen EU-Mercosur-Handelspakt am Mittwoch eine Absage erteilt und verwies dabei auf das Regierungsprogramm. ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher hingegen ist offen für eine etwaige Neubewertung. Österreich lehnte den bisherigen Pakt 2019 parlamentarisch ab.
Wegen der parlamentarischen Absage an den bisherigen Pakt forderten die SPÖ und auch der ÖGB, dass sich Kocher in Brüssel gegen das EU-Mercosur-Abkommen einsetzen müsse. Das gelte etwa am Donnerstag bei einem informellen Rat der Handelsminister in Brüssel.
Kocher erklärte, dass sich der Handelsministerrat erst nach endgültigem Abschluss etwaiger Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und Mercosur mit dem Handelsabkommen befasst. „Erst zu diesem Zeitpunkt kann das dann finale Abkommen von Österreich bewertet werden.“
Erst wenn etwaige Verhandlungen abgeschlossen werden, kann das finale Abkommen von Österreich bewertet werden.
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP)
Die Gespräche auf Kommissionsebene fänden vor dem Hintergrund der neuen brasilianischen Regierung statt, so Kocher. Es gehe um die weitere Vorgangsweise und mögliche weitere Verhandlungen mit den Mercosurstaaten.
Kogler verweist auf Regierungsabkommen mit ÖVP
Vizekanzler Kogler erteilte dem Pakt am Mittwoch - anders als der Wirtschaftsminister - eine neuerliche und deutliche Absage. Das Abkommen werde im Regierungsübereinkommen mit der ÖVP abgelehnt, hieß es in einer Stellungnahme. Es handle sich auch um eine Frage des Klimaschutzes, so der Grünen-Chef.
ÖVP-Landwirtschaftsminister gegen Abkommen
Auch ÖVP-Agrarminister Norbert Totschnig stellte sich zuletzt gegen das Abkommen. Der ÖVP-Bauernbund und die Landwirtschaftskammer liefen dagegen stets Sturm, während sich etwa der ÖVP-Wirtschaftsbund offen zeigte. Auch von der FPÖ kam am Mittwoch Kritik am Pakt.
Der Nationalrat hatte sich schon 2019 gegen das Abkommen positioniert, daran erinnerte auch Kogler am Mittwoch. Konkret votierte der EU-Unterausschuss im damaligen September mit Stimmen aller Parteien außer der NEOS, die auch weiterhin dafür sind, gegen das EU-Mercosur-Abkommen. Damit wurde die Regierung zu einem Nein zum EU-Mercosur-Abkommen auf EU-Ebene verpflichtet. Dem Pakt wurde eigentlich ein Riegel vorgeschoben, denn Entscheidungen im EU-Rat müssen einstimmig erfolgen.
Brüssel drängt auf Unetrzeichnung bis Juli
Aus Brüssel hieß es zuletzt, man wolle das Abkommen schnell zum Abschluss bringen - die Rede war von einer Unterzeichnung bis Juli. Es sei der „dringende Wunsch“ der europäischen Regierenden, das Abkommen „schnell zum Abschluss zu bringen“, sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans im Februar. Er verwies dabei auf entsprechende Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz während seiner aktuellen Lateinamerikareise sowie auch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Dabei waren aus Frankreich und von Macron öfters auch kritische Stimmen laut geworden - so müsse das Abkommen EU-Standards in Südamerika etablieren.
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