Die „Zukunftsrede“ unter dem Titel „Österreich 2030“ von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag (siehe Video oben) wurde erwartungsgemäß von den politischen Mitbewerbern heftig kritisiert. Aber auch die Umweltorganisationen finden alles andere als lobende Worte für den Kanzler. „Die Zukunftsrede hat ihren Namen schlicht nicht verdient. Die ÖVP ist unfähig, die Klimakrise ernst zu nehmen“, schreibt etwa Greepeace Österreich in einer Aussendung.
Für Lisa Panhuber, Sprecherin von Greenpeace Österreich, ist die Klimakrise die größte Krise unserer Zeit. Mit der Rede Nehammers geht sie scharf ins Gericht.
„Kein Wort über das Klimaschutzgesetz, keine Antwort darauf, wie der Ausstieg aus Öl und Gas ablaufen wird: Die Rede war eine Farce. Dabei sind starker Klima- und Artenschutz Voraussetzung für eine Zukunft auf unserem Planeten.“
„Totales Versagen“
Ihr zufolge muss Österreich den Ausstieg aus den fossilen Energieformen beschließen, den ungebremsten Ressourcenverbrauch stoppen und eine entschleunigte Kreislaufwirtschaft umsetzen. „Wenn die ÖVP stattdessen weiter die Klimakrise kleinreden und befeuern will, ist das ein totales Versagen“, so Panhuber. Während andere EU-Länder ambitionierte Gesetze verabschieden würden, habe die ÖVP in ihren letzten 30 Jahren Regierungsverantwortung Klimaschutzmaßnahmen konsequent verhindert und stehe „offensichtlich auch bis 2030 ohne Klimaplan da“.
Auch für die Umweltschutzorganisation Global 2000 ist die Kanzlerrede eine „völlige Bankrotterklärung in Sachen Klimaschutz“. Energiesprecher Johannes Wahlmüller: „In der Rede wird keine einzige konkrete Maßnahme angekündigt, die den Klimaschutz vorantreibt. Stattdessen hält Nehammer fälschlicherweise Benzin- und Dieselautos für klimafreundliche Technologien. Hier kündigt er an, sich auf EU-Ebene gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren auszusprechen.“
„Fridays For Future“ reagierte nach eigenen Angaben mit einer Sitzblockade auf die „klimaignorante Rede“ des Kanzlers. Nehammer ignoriere die Forderungen der Gesellschaft und die Erkenntnisse der Wissenschaft, hieß es. Eine „Ansammlung von rückwärtsgewandten, längst widerlegten Argumenten gegen echten Klimaschutz“ ortete auch der WWF.
SPÖ: „Altbekannte ÖVP-Klientelpolitik“
Auch die SPÖ schießt sich auf den Kanzler ein. „Nehammer hat altbekannte ÖVP-Klientelpolitik präsentiert. Ohne Plan und angesichts der Rekordinflation ist Österreich für die Herausforderungen von 2030 nicht gerüstet“, so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. „Nehammer erwähnt die Teuerung - die größte soziale Krise in Österreich seit Jahrzehnten - nicht einmal. Das ist unglaublich.“
NEOS: „Ohne Blockierer der ÖVP könnte gute Zukunft schon heute sein“
„Diese Rede hat aufgezeigt, was die ÖVP kann: Inhaltsleere und Ambitionslosigkeit schön inszenieren“, sagt NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos. Die ÖVP sitze seit 36 Jahren in der Bundesregierung und hätte damit lange genug Zeit gehabt, das Land in eine gute Zukunft zu führen. „Ohne die Blockierer der ÖVP könnte die gute Zukunft schon heute sein. Vielleicht sollte jemand den ÖVP-Chef daran erinnern, dass die Regierung fürs Machen bezahlt wird, nicht fürs Reden.“
Wöginger lobt Kanzler-Rede
Viel Lob erntet Nehammer für seine Rede erwartungsgemäß aus seiner eigenen Partei. „Wir haben einen Bundeskanzler, der dieses Land weiter zum Positiven verändern will. Karl Nehammer hat nicht nur die Krisen unserer Zeit vorbildhaft bewältigt, sondern nun auch eine äußerst optimistisch stimmende Perspektive für die Zukunft gegeben“, sagt ÖVP-Klubobmann August Wöginger.
Das Österreich des Karl Nehammer ist laut Wöginger ein Land, in dem sich Leistung lohnt. „In seiner Rede hat er deutlich gemacht, dass er am bisherigen Entlastungskurs für die Arbeitnehmer festhält. Allen, die jeden Tag aufstehen und ihren Beitrag leisten, muss deutlich mehr zum Leben bleiben als jenen, die nicht arbeiten gehen.“
„Wald- und Wiesenrede vor versammelter Partei-Elite“
Auch FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl hat an Nehammers Rede einiges auszusetzen: Die "heutige Show war nichts anderes als eine vorösterliche Wald- und Wiesenrede", so Kickl. "Dazu hat er die handverlesenen Eliten in seinen Wolkenturm versammelt, eingepfercht wie in einer ‘Legebatterie‘, und die Bevölkerung regelrecht ausgesperrt. Die einzige Erklärung, die er heute für eine gute Zukunft unserer Heimat auf dieser ‘Inzuchtveranstaltung der ÖVP-Familie‘ abgeben hätte müssen, wäre sein sofortiger Rücktritt mit der Ankündigung möglichst baldiger Neuwahlen gewesen.“ Würde man diese mit einem Kochrezept vergleichen, so „käme ungenießbares Faschiertes“ heraus, wettert er.
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