Was die „Krone“ am Donnerstag bereits berichtete, trat am Freitag dann auch ein. Niederösterreich bekommt seine erste schwarz-blaue Landesregierung. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellten Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer die neue Regierung und ihr Arbeitsübereinkommen vor.
Diskrepanzen in der Corona-Politik, eigens angepasste Stimmzettel, heikle Ressortvergaben, Widerstand aus der Künstlerszene - noch vor der Angelobung am nächsten Donnerstag hatte die neue Landesregierung in Niederösterreich viele Kleinkrisen zu meistern. Die ersten Bewährungsproben sind aber allesamt geglückt. Beide Landesparteivorstände gaben am Vormittag grünes Licht für das schwarz-blaue Wagnis.
„Udo Landbauer und ich haben uns dazu entschieden, aufeinander zuzugehen. Für uns beide war es ein schwerer Weg, der schwierigere Weg. Wir tun das im Interesse des Landes“, so Johanna Mikl-Leitner bei der Pressekonferenz. „Wir hätten es uns einfach machen können. Aber wir stehen nicht für den einfachen Weg“, erklärt Udo Landbauer. Es sei gelungen, eine starke freiheitliche Handschrift bei den Verhandlungen zu verankern.
Waldhäusl wird zweiter Landtagspräsident
Gottfried Waldhäusl (FPÖ) wird laut Landbauer wieder in die Gesetzgebung zurückkehren und als zweiter Landtagspräsident in Niederösterreich fungieren. Susanne Rosenkranz und Christoph Luisser fungieren als neue FPÖ-Landesräte. Luisser bekomme die Bereiche Sicherheit und Asyl, Rosenkranz werde die Arbeitsagenden übernehmen. Udo Landbauer wird von der ÖVP zum Landeshauptfrau-Stellvertreter gewählt werden, so Mikl-Leitner. Er übernimmt die Ressorts Verkehr und Sport. Reinhard Teufl wird neuer Klubobmann im Landtag. Die FPÖ wird Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau wählen. „Der FPÖ-Klub wird ungültig wählen“, so Landbauer.
Fokus auf Corona-Fonds und Pflege
47 Millionen Euro sollen für Pflegeschecks über je 1000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Außerdem kündigte Mikl-Leitner einen neuen Heizkostenzuschuss an. „Niederösterreich wird das erste Land sein, dass die Schäden der Corona-Politik wiedergutmacht“, so Landbauer am Freitag. „Verfassungswidrige Corona-Strafen“ sollen mit einem Fonds in Höhe von insgesamt 30 Millionen Euro amtswegig zurückgezahlt werden.
Politische Eckpunkte des Pakts
Bis Mitte der Woche wollten sich ÖVP und FPÖ ursprünglich über ein Arbeitsübereinkommen einig werden. Daraus wurde vor allem deswegen nichts, weil sich die FPÖ nicht stressen lassen und für die eigene Klientel zuvor auch noch eine Duftmarke in Sachen Corona-Politik setzen wollte. Landbauer verlangte Entschädigungen bis hin zu einer „Generalamnestie“ für Covid-Strafen. Mikl-Leitner räumte daraufhin ein, dass die Corona-Impfpflicht aus jetziger Sicht ein „Fehler“ gewesen sei - eine Aussage, die den Freiheitlichen zunächst noch zu wenig war. Mitte der Woche wurden die inhaltlichen Hürden dann aber überwunden. Bereits am Montag war bekannt gegeben worden, dass die beiden Parteien Maßnahmen zum Thema Integration vereinbart haben. Die Landeshauptfrau nannte beispielsweise als Inhalte Verhaltensregeln in der Schule und das Prinzip, dass die deutsche Sprache Grundvoraussetzung für Förderungen sein soll.
So läuft die Landeshauptfrau-Wahl
Einen Mittelweg könnte es bei der Wahl der Landeshauptfrau geben. Die Freiheitlichen haben stets betont, bei der konstituierenden Landtagssitzung am 23. März nicht für Mikl-Leitner zu votieren. Sie werden laut Landbauer eine Wahl der Landeshauptfrau aber nicht verhindern und nicht gegen die ÖVP-Chefin stimmen. Damit das auch eindeutig genug hervorgeht, wurden - wie die „Krone“ aufdeckte - sogar eigens die Stimmzettel für das Votum angepasst. Als fix gilt, dass die 14 FPÖ-Abgeordneten ungültig wählen. Damit wäre mit den 23 ÖVP-Vertretern bei insgesamt 56 Mandataren die erforderliche Mehrheit erreicht. Nur gültige Stimmen zählen.
Woran die „große“ Koalition scheiterte
Die Volkspartei hatte zunächst begonnen, „vertiefende Gespräche“ über eine Zusammenarbeit mit der SPÖ vergangene Woche gestoppt. Zu vier von fünf öffentlich gestellten Bedingungen habe man einen Kompromiss gefunden, schilderte der neu-alte ÖVP-Parteimanager Bernhard Ebner. „Die SPÖ wollte ihre fünf Punkte aber auf Biegen und Brechen umsetzen“, meinte er. Insgesamt habe es über 200 Forderungen der Roten gegeben, die der Parteimanager als teilweise „unleistbar“ und „untragbar“ bezeichnete. Die Sozialdemokraten hätten „den Bogen überspannt und sich damit verpokert“.
SPÖ: „Holzhacker-Koalition“
„Die ÖVP hat mit Landbauer, Waldhäusl und Co. handzahme Bettvorleger für den Erhalt ihres absolutistischen Machtanspruches gefunden. Ein Renommee für Niederösterreich ist dieser Kickl-Mikl-Pakt nicht. Die SPÖ wird im Landtag Punkt für Punkt Mehrheiten für ein soziales und demokratisches Niederösterreich suchen“, schildert der neue SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger. Am Montag soll es laut „Krone“-Informationen ein Gespräch mit dem SPÖ-Klub geben. Die Sozialdemokraten werden dann erfahren, wie viele Mittel ihnen für die Regierungsarbeit in den kommenden fünf Jahren zur Verfügung stehen werden. Durch das Proporzsystem wird die SPÖ der Regierung ja mit zwei Landesräten angehören.
Kritik am „Kickl-Mikl-Pakt“
Bereits am Mittwoch sprachen sich mehrere niederösterreichische Künstler und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, offen gegen eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ aus. Am Donnerstag sah der Verein „Willkommen - zum Finden einer neuen Heimat“ laut Medienberichten in einem Offenen Brief gemeinsam mit acht weiteren Organisationen die Demokratie in Gefahr.
Das Wahlergebnis
Die ÖVP hat bei der Landtagswahl 39,93 Prozent (minus 9,70 Prozentpunkte) erreicht und damit die absolute Mehrheit im Landtag und erstmals auch in der Landesregierung verloren. Die FPÖ erzielte mit 24,19 Prozent ein Rekordergebnis und löste die Sozialdemokraten auf Platz zwei ab. Wie die Schwarzen fuhren auch die Roten (20,65 Prozent) ihr schlechtestes Resultat im Bundesland seit 1945 ein. Die Grünen erreichten mit 7,59 Prozent wieder Klubstärke, die NEOS kamen auf 6,67 Prozent.
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