Krankheit, Depression, Armut: Wer mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen hat, findet nur schwer wieder Anschluss in der Gesellschaft. Ein Projekt von pro mente und der Stadt Graz soll Betroffenen nun unter die Hände greifen - durch Beschäftigung, Struktur und Zuverdienst.
Es sind hunderte, tausende Einzelschicksale und Geschichten, die Menschen an ihren Tiefpunkt führen können. „Einen typischen Betroffenen gibt es nicht“, sagt Joachim Hagn, der das Projekt Zuverdienst bei pro mente Steiermark betreut. „Sie sind zwischen 20 und 70 Jahren alt, vom Flüchtling bis zu Österreicher.“
Was sie alle verbindet, sagt Bettina Vögl, Geschäftsführerin bei pro mente: „Sie brauchen eine Struktur.“ Deswegen bietet die NGO nun an, dass psychisch kranke Steirerinnen und Steirer wenige Stunden in der Woche einer Arbeit nachgehen können, die auch fair entlohnt wird. Entweder drei oder sechs Stunden in der Woche sind möglich. „Was mehr ist, ist für viele von der Konzentration her zu intensiv.“
Wer mitmacht, kann zwischen vier Bereichen wählen: Nähen, Gartenbau, Logistik und Gastronomie. Die Entlohnung beträgt zehn Euro je geleisteter Stunde. Es gibt 20 Plätze.
„Sie wollen arbeiten, aber die Leistung reicht noch nicht“
Das Angebot richtet sich an Menschen, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen - die also zum Beispiel berufsunfähig oder in Invaliditätspension sind oder Sozialhilfe empfangen, jedenfalls nicht beim AMS vorgemerkt sind. Sie werden über mobile Sozialdienste oder das Sozialamt der Stadt Graz vermittelt, können sich aber auch direkt bei pro mente melden.
Krank macht arm und arm macht krank.
Bettina Vögl, pro mente
„Wir sprechen Personen an, die arbeiten wollen, aber deren Leistungsfähigkeit für den normalen Arbeitsmarkt noch nicht ausreicht“, sagt Vögl. Druck soll es auf keinen Fall geben. „Man muss sich nicht verbessern. Natürlich ist es möglich, dass manche auf diese Weise wieder in den Arbeitsmarkt finden. Es reicht aber auch schon, wenn man dadurch eine stabile Phase beibehalten kann.“
Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr unterstützt das Projekt. „Viele dieser Menschen wenden sich auch an uns, vor allem, wenn es um Wohnungsthemen geht. Sie haben oft viel durchgemacht und seit der Schulzeit einen Stempel auf sich.“ Es sei wichtig, Struktur und Sicherheit zu vermitteln.
Unsichere Zeiten belasten
Parteikollege und Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer betonte, dass man „psychische Erkrankungen verständlich machen und entstigmatisieren muss“. „Vor allem in unsicheren Zeiten haben viele das Gefühl, dass ihnen alles zu viel wird. Es könne nicht genug Einrichtungen geben, die psychisch erkrankten Personen helfen.
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