Die für 30. März angesetzte, virtuelle Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im österreichischen Parlament sorgt aktuell bereits für einigen innenpolitischen Wirbel. Denn FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht darin ein „Störfeuer gegen die Neutralität“, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mahnte die Blauen dagegen, er werde „Verbalangriffe“ während der Rede nicht aktzeptieren.
Dass man in der FPÖ durchaus Sympathien für Kriegstreiber Russland hegt, ist nicht erst seit dem Ibiza-Skandal amtlich. Doch seit der Invasion in der Ukraine geht man damit nicht mehr ganz so offenherzig um. Die geplante Videoschaltung mit Selenskyj im Nationalrat sorgt allerdings nun wieder für blauen Unmut.
Kickl ortet „Tabubruch“
„Auch wenn wir den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilen: Österreich ist verfassungsgemäß ein neutraler Staat, die immerwährende Neutralität ist ein Eckpfeiler unseres Selbstverständnisses und die Rede eines Vertreters einer kriegführenden Partei im Herzen unserer Demokratie ein absoluter Tabubruch“, monierte Kickl auf Facebook.
Video-Schaltung scheiterte am FPÖ-Widerstand
Bereits vor einem Jahr war im Parlament eine Video-Schaltung mit Selenskyj geplant gewesen, sie war letztlich am Widerstand der FPÖ gescheitert. In Folge bekam der ukrainische Präsident in zahlreichen westlichen und europäischen Abgeordnetenhäusern Möglichkeiten zu virtuellen Auftritten. Von den 27 EU-Staaten haben ihm bisher neben Österreich nur Bulgarien und Ungarn keine entsprechende Möglichkeit geboten. Selenskyj werde aber auch nicht bei einer Nationalratssitzung das Wort ergreifen, präzisierte Wolfgang Sobotka nun das protokollarische Prozedere. Vielmehr handle es sich um eine „parlamentarische Veranstaltung“ im Vorfeld einer solchen.
Der ÖVP-Nationalratspräsident sieht Österreichs Parlament im Vergleich zu anderen westlichen Ländern dennoch nicht im Verzug. Schließlich habe der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk im vergangenen Juni auf Einladung Sobotkas Wien besucht und damals noch im Ausweichquartier in der Hofburg eine Rede im Parlament gehalten. Zudem hätten Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Anfang Februar) und Bundeskanzler Karl Nehammer (im April des Vorjahres) Selenskyj persönlich in Kiew besucht. Außerdem werde der russische Angriffskrieg „leider Gottes noch länger dauern“, konstatierte der Nationalratspräsident. So gesehen sei es sogar „sehr gut, dass man das nicht alles auf einmal macht“.
„Nüchternen Blick auf den Krieg werfen“
Zumal es auch an der Zeit sei, „dass wir einen sehr nüchternen Blick auf diesen Krieg werfen“. Es gebe ja „unterschiedliche Beurteilungen, insbesondere was die Menschen betrifft, die quasi vertrieben wurden“, meinte Sobotka. „Gehen sie wieder zurück? Bleiben sie da? Es sind ja sehr viele schon im Arbeitsprozess, die niemand verlieren möchte.“
Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei völkerrechtswidrig gewesen, konstatierte Sobotka und ergänzte: „Die nationale Souveränität ist unverhandelbar.“ Daher habe sich Österreich gegenüber der Ukraine „sehr klar solidarisch“ gezeigt und auch als neutraler Staat auf Linie der Europäischen Union „eine sehr, sehr gute Figur abgegeben“. Nachsatz: „Als Land sind wir nur militärisch neutral, aber nicht in unserer Haltung.“
„Putin wird nicht vor dem Parlament sprechen“
Aus westlicher Perspektive brauche es „eine klare Verurteilung, eine klare europäische Solidarität, ein klares Bekenntnis dazu, dass die Kriegsverbrechen von einem internationalen Gericht aufgearbeitet werden“, forderte Sobotka. Putin werde jedenfalls keine Chance bekommen, vor dem österreichischen Parlament zu sprechen, selbst wenn er das hypothetisch einmal wolle. „Wir sind nicht dazu da, die unterschiedlichsten Meinungen aufzufächern. Wir dürfen die Fakten nicht verkehren. Für jemanden, der Kriegsverbrechen duldet oder vielleicht sogar angeordnet hat, kann es kein Rederecht im österreichischen Parlament geben.“
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