Stadtspaziergänge

Es bleibt spannend: Die SPÖ im großen Umbruch

Wien
02.04.2023 14:00

„Krone“-Reporter Robert Fröwein flaniert durch die Stadt und spricht mit den Menschen in Wien über ihre Erlebnisse, ihre Gedanken, ihre Sorgen, ihre Ängste. Alltägliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.

„Na, das wird ja lustig. Kriegen wir dann ein Kuvert, für das wir als Parteimitglieder extra Empfängerporto zahlen müssen, weil es so dick ist?“ Manfred hat seinen Humor noch nicht verloren, auch wenn ihm das Lachen als SPÖ-geneigtem Bürger in den letzten Wochen im Halse steckengeblieben ist. Wie ungefähr 9000 andere Menschen auch, trat er vor gut einer Woche spontan der Partei bei, um bei der Mitgliederbefragung um den Parteivorsitz stimmberechtigt zu sein. Der Kampf um die Spitze, der eigentlich nur zu einer Richtungsentscheidung zwischen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil werden sollte, entwickelte sich in den letzten Tagen zu einem unkontrollierbaren Monster der Bürgeraktivität. Nicht weniger als 73 Bewerbungen gingen für den Parteivorsitz ein, was Manfred humoristisch zur Kenntnis nimmt.

Der Mittfünfziger nimmt es nach außen hin gelassen und lässt sich von den Umtrieben innerhalb und außerhalb der Partei nicht verunsichern. Der leidenschaftliche Trafikant liest von Berufs wegen alle Zeitungen penibel genau und fühlt sich gut informiert. Die Causa SPÖ hinterlässt bei ihm aber vorwiegend Kopfschütteln. „Wie man sich so anstellen kann, obwohl auch alle anderen Parteien derzeit furchtbare Entscheidungen treffen, ist mir ein Rätsel. Das muss man doch sehen, dass damit nichts zu gewinnen ist.“ Die Fragestellungen und das genaue Prozedere bezüglich der Mitgliederbefragung müssen noch festgestellt werden. Sicher scheint aber, dass sich aus dem anfänglichen Zweikampf ein Dreikampf entwickelt hat. Der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler verkörpert die linke Front in der Partei und könnte sich durchaus durchsetzen.

Für Manfred erleichtert sich die Entscheidungsfindung damit nicht unbedingt. Wirklich glücklich macht ihn keine der drei Optionen. „Rendi-Wagner hat mir jahrelang gezeigt, dass sie es nicht kann. Doskozil gefällt mir eigentlich gut, doch wer vier Jahre lang nur aus der geschützten Hecke schießt, den sehe ich nicht als geeigneten Parteivorstand. Und Babler ist zwar sympathisch, aber man hat das Gefühl, er will ganz Österreich aufmachen und zu einem großen Traiskirchen verwandeln, was ich persönlich auch nicht verstehe.“ Dass sogenannte Satirekandidaten wie Gerald Grosz oder der Identitäre Martin Sellner nicht zugelassen wurden, begrüßt er. Mit seiner persönlichen Unsicherheit spiegelt der Trafikant das Zerrbild der gesamten Partei ganz gut wider.

Die Befragung soll zwischen 24. April und 10. Mai stattfinden, rund 147.000 Personen sollen stimmberechtigt sein. Für eine Kandidatur muss man 30 Unterstützungserklärungen vorlegen. Innerhalb der Partei mehren sich Stimmen, die eine Art Vorauswahl bevorzugen, um das Feld zu lichten und mehr Klarheit zu schaffen. Für den politisch hoch interessierten Manfred führt daran kein Weg vorbei. „Die SPÖ wirkt momentan sehr chaotisch und sonderbar, aber es ist auch eine große, vielleicht sogar die entscheidende Chance, endlich wieder als starke Einheit aufzutreten und einen politischen Unterschied zu machen.“ Dass etwa der Wiener Bezirksfunktionär Nikolaus Kowall seine Kandidatur nach Bablers Nennung zurückzog, findet Manfred seltsam. „Für mich wirkt das komisch. Entweder will ich was bewegen oder nicht.“ Es bleibt spannend. Innerhalb und außerhalb der Partei.

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