Neben der FPÖ sorgte auch die SPÖ am Donnerstag für viele Irritationen während der im Parlament übertragenen Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Mehr als die Hälfte der roten Abgeordneten blieb der Rede fern. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried, der anwesend war, verteidigt seine Partei gegen den Vorwurf einer gewissen Russland-Nähe und erklärt den wahren Grund für das Fernbleiben zahlreicher Mandatare.
Es gebe „gewisse Vorbehalte gegen Veranstaltungen des Nationalratspräsidenten generell“, meinte Leichtfried am Freitag. Selenskyjs Rede fand zwar im Nationalratssitzungssaal statt, allerdings im Rahmen einer „parlamentarischen Veranstaltung“ und nicht des anschließenden Plenums. Schon vor einem Jahr hatte es Versuche der NEOS gegeben, dem ukrainischen Präsidenten wie in vielen anderen Ländern auch die Möglichkeit zu geben, im Parlament zu sprechen - diese Initiative war allerdings am Widerstand der FPÖ gescheitert, auch die SPÖ zögerte damals zunächst.
Rendi-Wagner fehlte krankheitsbedingt
Am Donnerstag protestierten die Freiheitlichen gegen die Ansprache, indem sie Taferln auf ihren Pulten platzierten, dem Redner den Rücken zukehrten und geschlossen den Saal verließen. Während alle Fraktionen die FPÖ für dieses Verhalten zurechtwiesen, fiel auch auf, dass bei der SPÖ knapp mehr als die Hälfte der Abgeordneten fehlte, unter ihnen auch die außenpolitische Sprecherin und Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner - krankheitsbedingt, wie dann mitgeteilt wurde.
„Vorwurf sehr, sehr abstrus“
Auffällig hoch war übrigens der niederösterreichische Anteil unter den Abwesenden. Dass dies mit einem mitunter schwierigen Verhältnis zu Russland mancher Linker zusammenhängen könnte, weist Leichtfried zurück: „Der Vorwurf ist für mich sehr, sehr abstrus“, verwies er auf das entsprechende Abstimmungsverhalten der SPÖ im Parlament. „Ganz klar, wir sind auf der Seite der Menschen in der Ukraine und gegen den brutalen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“, unterstreicht er.
„Unsere Abgeordneten entscheiden für sich selbst, was sie tun“
Im „Standard“ stellte eine anonyme SPÖ-Mandatarin ein „Führungsversagen“ der Klubspitze in den Raum - „das sehe ich nicht so“, betont Leichtfried. „Unsere Abgeordneten entscheiden immer für sich selbst, was sie tun.“ Dass auf den leeren roten Sitzen auch mehrere Klub-Mitarbeiter Platz genommen haben, will Leichtfried nicht als Auffüllen der Lücken verstanden wissen: Er sitze ganz vorne und „ich habe das gar nicht beobachtet“, sagt er, und „selbstverständlich müssen Mitarbeiter auch irgendwo sitzen“.
Scharfe Kritik an hoher roter Abwesenheitsquote
Scharfe Kritik an der hohen roten Abwesenheitsquote kam von den NEOS, auch auf Twitter wurden die betroffenen Abgeordneten - etwa vom SPÖ-Urgestein Josef Ackerl aus dem äußerst linken Lager - aufgefordert, sich zu erklären. Und die Erklärungen waren durchaus bunt: Umweltsprecherin Julia Herr machte etwa „terminliche Gründe“ geltend, warum sie nicht anwesend war - „dies ändert jedoch nichts an meiner klaren Positionierung zu diesem Thema“. Wehrsprecher Robert Laimer fühlte sich wiederum „nicht genug in den Prozess von Präsident Sobotka eingebunden“, wie er dem „Kurier“ sagte. „Ich stehe nicht zur Verfügung für den Missbrauch parteipolitischer Zwecke in unserem Land.“ Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner wehrte sich gegen Verurteilungen und ließ in einem - mittlerweile gelöschten - Tweet wissen, „ich hatte Geburtstag, habe mit meinen Freund*innen gefeiert“, außerdem habe er nach einer Zahnoperation „die Fäden herausbekommen“.
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