Seit 2019 ist der Karfreitag kein offizieller Feiertag für die evangelische Kirche mehr. Für Gläubige ist dieser Entschluss „nach wie vor eine große Kränkung“.
Gründonnertag in Graz: Wolfgang Rehner, Superintendent der evangelischen Kirche Steiermark, steht mit Pfarrern und Pfarrerinnen seiner Kirche am Südtiroler Platz und bietet Passanten eine Fußwaschung an: „Es ist ein symbolischer Akt, dass wir als Christen für andere da sein sollen und dass wir uns mit denen, die Hilfe brauchen, solidarisieren müssen“, erklärt er die Aktion.
„Eine Kränkung, die Narben hinterlassen hat“
Auf diese Form der Solidarität wartet die evangelische Kirche selbst seit 2019 jedoch vergeblich. Seitdem ist der Karfreitag, der für sie der höchste religiöse Feiertag des Jahres ist, in Österreich kein offizieller Feiertag mehr: „Viele unserer Leute empfinden diesen Entschluss nach wie vor als Kränkung, die eine Narbe hinterlassen hat, die nicht weggeht. Jedes Jahr, wenn der Tag näher kommt, beginnt sie wieder zu schmerzen“, erklärt Rehner.
Besonders betroffen sind jene, die in kleineren evangelischen Gemeinden leben: „Sie bekommen ihren Minderheiten-Status ohnehin schon stark zu spüren. Deshalb sitzt die Kränkung bei ihnen oft sehr tief.“ Und auch im Kirchenalltag hat die Streichung des Feiertags Auswirkungen: „Wir müssen die Messen am Karfreitag immer öfter nachmittags oder abends ansetzen, weil viele, die kommen wollen, davor arbeiten müssen.“
Zeichen stehen nicht auf Veränderung
Die Hoffnung, dass sich an der aktuellen Situation etwas ändert, ist nicht sehr groß, denn die Entscheidung von 2019 wurde vom europäischen Gerichtshof getroffen: „Rechtlich gibt es für den Gesetzgeber daher keinen Handlungsdruck“, sagt Rehner. Und auch politisch stehen die Zeichen im Bund nicht auf Veränderung: Die Grünen können sich zwar vorstellen, den Karfreitag als zusätzlichen Feiertag einzuführen. Für den zuständige Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) jedoch sind derzeit bei den Feiertagen „keine Änderungen geplant“.
Der Feiertag wurde einst als Wiedergutmachung für den Umgang mit den Evangelischen eingeführt. Dass er 2019 gestrichen wurde, empfinden viele als einen Rückschlag.
Superintendent Wolfgang Rehner
Und auch auf Landesebene könnte der Rückhalt für die Evangelischen stärker sein. Anders als der ehemalige Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der sich lautstark (aber vergebens) für eine Wiedereinführung des Feiertags eingesetzt hat, ist sein Nachfolger zurückhaltender: Christopher Drexler bezeichnet die früher geltende Feiertagsregelung zwar als „gut und begrüßenswert“, konstatiert aber, dass diese „aufgrund einer EuGH-Entscheidung so nicht mehr möglich“ sei.
Forderung nach „Feiertag für alle“
Die evangelische Kirche Österreich fordert dennoch einmal mehr, den Karfreitag zu einem „Feiertag für alle“ zu machen: „Es könnte ein Tag der Verletzlichkeit sein, an dem wir daran denken, dass wir nicht alles im Griff haben“, sagt Bischof Michael Chalupka.
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