Im Grazer Dom und in anderen steirischen Kirchen sind kostbare Reliquien verwahrt: Splitter des heiligen Kreuzes aus Jerusalem, auf dem Jesus starb. Die „Krone“ geht auf Spurensuche.
Der heilige Gral, in dem Josef von Arimathäa das Blut des Gekreuzigten aufgefangen hat, die Lanze, mit der der römische Soldat Longinus in Jesu Seite stach, die Dornenkrone, mit der er als König der Juden verspottet wurde, oder das wahre Kreuz, auf dem Christus am Berg Golgotha den Opfertod starb: Sie sind stumme Zeugen der Leiden Christi und zählen somit zu den heiligsten Reliquien, die viele Katholiken seit Jahrhunderten verehren.
Im Mittelalter boomte das Geschäft mit den sterblichen Überresten von Heiligen oder Gegenständen, die den Körper der Muttergottes oder Jesu berührt haben sollen. Es entwickelte sich ein lukrativer Kult, der mitunter skurrile Blüten trieb: So machten findige Händler den vermeintlichen Verlobungsring Marias, den Hirtenstab Josefs, die Nabelschnur oder die Milchzähne des Jesuskindes zu barer Münze. Sogar der Atem des Sohnes Gottes, in Fläschchen abgefüllt unter dem Himmel Jerusalems, sollte Wunder vollbringen.
Die wertvollsten Stücke in den Schatzkammern
Zu den wertvollsten Stücken in den Schatzkammern weltlicher Herrscher und kirchlicher Würdenträger gehörten aber diese Reliquien: winzige Holzsplitter, die fromme Pilger, Bischöfe und Könige aus Jerusalem nach Europa brachten. Der Ursprung dieser kleinen Kostbarkeiten soll das wahre Kreuz Christi gewesen sein. Der Legende nach reiste Helena, die später heiliggesprochene Mutter des römischen Kaisers Konstantins, im Jahr 325 in das Heilige Land. Dort suchte die Reliquien-Jägerin nach Gegenständen, die mit der Kreuzigung in Verbindung standen. Unter einem heidnischen Tempel stieß sie auf drei Kreuze, darunter jenes, auf dem Christus starb.
„Kreuzreliquien haben für Gläubige besondere Bedeutung. Sie sind so genannte Herrenreliquien, von denen man annimmt, dass sie mit Jesus in Berührung kamen“, erklärt Heimo Kaindl, Leiter des Grazer Diözesanmuseums. Wohl kaum jemand weiß, dass auch einige steirische Kirchen im Besitz von Überresten des heiligen Kreuzes sind.
Zwei Holzpartikel inmitten einer Gold-Monstranz
Inmitten einer vergoldeten und mit Edelsteinen besetzten, um 1750 kunstvoll gefertigten Reliquien-Monstranz verbergen sich zwei Holzpartikel, die kreuzartig übereinander gelegt sind. Aus geringer Entfernung sind sie mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Umgeben sind die Stückchen von Fragmenten der Gebeine oder der Kleidung Heiliger.
Fünf Kreuzreliquien im Grazer Dom
Neben diesem Zeigegefäß gibt es noch weitere, die im Besitz von Pfarren vor allem in der Landeshauptstadt sind. „Im Grazer Dom befinden sich fünf Monstranzen mit Kreuzpartikelchen“, weiß Kaindl. Darüber hinaus verwahrt auch das Diözesanmuseum zwei derartige liturgische Schaugeräte.
Auch die Grazer Leechkirche sowie die Pfarren St. Peter, St.Vinzenz, Mariahilf und Kroisbach sind stolz auf Teilchen des Kreuzes Christi, die ab dem Mittelalter wahrscheinlich über diplomatische Geschenke den Weg in die Murmetropole gefunden haben.
Noch heute sind Reliquien im Umlauf
Übrigens sind noch heute Reliquien im Umlauf. „Man kann sie jedoch nicht kaufen, sondern nur erbitten“, erklärt der Diözesankonservator. Zuständig dafür sei ein eigener Beauftragter in jeder Diözese. Bekommt eine Kirche einen neuen Altar, werden darin traditionsgemäß Überreste von Märtyrern oder Heiligen eingesetzt. „Sie befinden sich in einer Metalldose, die mit einer Wachsschnur umwickelt und versiegelt wurde“, erklärt Kaindl. Ein Beglaubigungsschreiben des Bischofs bestätigt die Echtheit.
Die Gläubigen sollen so Anteil an den Wirkkräften der Verstorbenen erhalten - wie auch durch das Betrachten des wahren Kreuzes.
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