Die „Dirndlkoalition“ in Salzburg steht auf dem Prüfstand. Erstmals sind gleich acht Parteien auf dem Stimmzettel. In zwei Wochen wird der neue Landtag gewählt, der Wahlkampf geht damit in die heiße Phase.
Am 23. April wählt Salzburg einen neuen Landtag. Aktuell wird das Bundesland von einer Dreier-Koalition aus ÖVP, Grünen und NEOS regiert. Offen ist, ob sich diese schwarz-grün-pinke „Dirndlkoalition“ nach der Wahl rechnerisch noch einmal ausgehen wird. ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer könnte sich für die kommende Legislaturperiode einen (oder zwei) neue(n) Partner suchen müssen. Das Gros der Umfragen sieht ihn und die Volkspartei trotz Verlusten auf Platz eins.
Erstmals werden am Wahltag acht wahlwerbende Gruppen landesweit auf dem Stimmzettel stehen. Neben den fünf Landtagsparteien ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS haben auch die KPÖ Plus und zwei Listen aus dem Lager der Impfkritiker und Corona-Maßnahmen-Gegner - „Wir sind Salzburg“ (WIRS) und die „Menschen Freiheit Grundrechte“ (MFG) - ihre Wahlvorschläge eingebracht.
Wohnen schon vor der Energiekrise schwer leistbar
Die ÖVP, die 2018 mit Kurz‘schem Rückenwind aus dem Bund auf 37,8 Prozent kam, stellt fünf der sieben Regierungsmitglieder, Grüne und NEOS je eines. Die Volkspartei ist die klar dominante Kraft im Land, kämpft aber mit der in die Krise geratenen Bundes-ÖVP und der allgemeinen Krisenstimmung. Schon bevor Energiepreise und Inflation in die Höhe schnellten, war etwa Wohnen in Salzburg immer schwerer leistbar geworden. Dazu kommen Versäumnisse in der Raumordnungs-, Klima- und Verkehrspolitik - auch wenn man zuletzt entgegensteuern zu versuchte.
Die meisten vorliegenden Umfragen sehen die ÖVP bei 32 bis 35 Prozent der Stimmen - damit würde die Volkspartei klar weniger verlieren als in Tirol oder Niederösterreich. Die Grünen, die sich mit den Themen Klimawandel und Energiewende um ihre Kernwähler bemühen, und die NEOS würden laut den Markt- und Meinungsforschern mit neun beziehungsweise sieben Prozent ihre aktuellen Werte halten oder ein bis zwei Prozentpunkte verlieren.
Die beiden Juniorpartner Haslauers hatten im Vorwahljahr mit parteiinternen Konflikten zu kämpfen. Bei den Grünen wurde Spitzenkandidat Heinrich Schellhorn im November 2022 als Folge eines Pflegeskandals durch Martina Berthold ersetzt, die Pinken hatten nach dem Abgang ihres Klubchefs den Klubstatus im Landtag verloren. Zudem fehlt im Wahlkampf ein früheres Zugpferd - Ex-NEOS-Landeschef Sepp Schellhorn, der sich 2021 aus der Politik zurückgezogen hat. Für beide Parteien geht es um viel: Fallen sie in Salzburg aus der Landesregierung, wären sie jeweils nur mehr in einem Bundesland Teil einer Regierung (Grüne: Vorarlberg, NEOS: Wien).
Die Oppositionsparteien wollen regieren
Die Opposition im Landtag, SPÖ und FPÖ, würden gerne Teil einer neuen Landesregierung sein. Die Freiheitlichen könnten dem Trend im Bund entsprechend die Sozialdemokraten überholen, die Umfragen halten von einem deutlichen FPÖ-Vorsprung bis auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz 2 alles für möglich. Die SPÖ, die 2018 mit 20,0 Prozent ihren historischen Tiefststand in Salzburg erreichte, tritt erstmals mit Spitzenkandidaten David Egger an. Für ihn kam freilich die SPÖ-Führungsdebatte im Bund zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.
Der FPÖ kostete 2018 (Ergebnis: 18,8 Prozent) das Antreten des früheren FPÖ-Landeschefs Karl Schnell mit einer eigenen Liste Stimmen. Nun hält Landeschefin Marlene Svazek sogar Platz eins in Salzburg für realistisch - auch wenn sich Schnell auf der Liste der offiziellen Unterstützer von Landeshauptmann Haslauer findet. Es ist kein Geheimnis, dass die Freiheitlichen gerne mitregieren würden - was 2018 aber noch am Willen Haslauers scheiterte. Die FPÖ ist in den vergangenen Monaten einen Kuschelkurs gegenüber der ÖVP gefahren. Beflügelt durch gute Umfragewerte ist die FPÖ zuletzt aber wieder deutlich angriffiger gegenüber der Volkspartei geworden.
Bei den Kleinparteien könnte die KPÖ Plus für eine Überraschung sorgen. Landeten die Kommunisten 2018 noch bei 0,4 Prozent, stehen sie allen jüngsten Umfragen zufolge vor dem Einzug in den Landtag. Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl konzentriert sich vor allem auf leistbares Wohnen und kritisiert die Wohnbaupolitik der vergangenen zehn Jahre scharf. Wenig Aussicht auf einen Landtagssitz werden hingegen der MFG und der sich im Vorjahr von der MFG abgespalteten Liste „Wir sind Salzburg“ des früheren MFG-Bundesgeschäftsführers Gerhard Pöttler zugerechnet.
Kein Fairness-Abkommen wie vor fünf Jahren
Ein Fairness-Abkommen und eine Wahlkampfkosten-Obergrenze gab es anders als vor fünf Jahren heuer nicht. Die Parteien konnten sich vor allem nicht auf ein Kostenlimit einigen. Als bestimmendes Thema im Kampf um Wählerinnen und Wähler kristallisierten sich neben Wohnkosten und Pflegekrise die Strompreiserhöhungen und kolportierten Gewinne des Landesenergieversorgers Salzburg AG heraus. Das Unternehmen fiel drei Wochen vor der Wahl mit der Einführung eines weniger teuren Stromtarifs auf, was die ÖVP auch gleich als Erfolg „ihres“ Aufsichtsratsvorsitzenden Haslauer für sich reklamierte.
Unter Kritik von außen steht die Klimapolitik der Landesregierung. Laut der Umweltschutzorganisation Global 2000 seien die Ziele und Maßnahmen, die sich das Land bisher vorgenommen habe, zu einem großen Teil nicht umgesetzt worden. Auffällig waren hier zuletzt die Angriffe der ÖVP auf ihren Koalitionspartner in der Diskussion um den Ausbau Erneuerbarer Energien. Die Volkspartei würde gerne die Umweltanwaltschaft entmachten, um Verfahren zu beschleunigen, die Grünen sehen darin eine gefährliche Aushebelung des Naturschutzes. Die Aufarbeitung der Corona-Krise blieb hingegen ein Randthema - und gewann erst durch die ÖVP-FPÖ-Koalition in Niederösterreich Präsenz.
Insgesamt sind am 23. April 386.947 Salzburgerinnen und Salzburger wahlberechtigt - um rund 3.140 weniger als noch im Jahr 2018. Erstmals werden alle Wahlkarten bereits am Wahltag mit ausgezählt. Das Endergebnis wird damit bereits am Wahlabend vorliegen. Für den Einzug in den Landtag gilt in Salzburg eine Fünf-Prozent-Hürde.
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