Landkarte blau gefärbt

Wahl-Beben: So fielen Salzburgs Partei-Hochburgen

Salzburg
24.04.2023 08:36

Wie dramatisch sich im Bundesland Salzburg die Machtverhältnisse verschoben haben, zeigt sich beim genauen Blick auf die 119 Gemeinden. 

Mit freiem Auge sofort zu erkennen: Die Wahllandkarte hat sich blau eingefärbt. 2018 hatte die FPÖ nur in Großgmain die Mehrheit. Am Sonntag sind 30 Gemeinden - fast 25 Prozent aller Kommunen - dazugekommen. Den wildesten Wechsel gab es da in St. Koloman: In der kleinen Tennengauer Gemeinde legte die Partei von Spitzenkandidatin Marlene Svazek um 21,2 Prozentpunkte zu, während die Schwarzen ein dickes Minus von 22,2 Prozentpunkten hinnehmen müssen und Platz eins los sind. Das sind übrigens die größten Verschiebungen in ganz Salzburg.

Was mit freiem Auge nicht zu erkennen ist, sind indes die gefallenen Hochburgen. Die untermauern aber den Absturz der ÖVP am anschaulichsten. Vor fünf Jahren hatte es von Berndorf im Norden bis Wald im Westen noch 26 Gemeinden gegeben, in denen die Schwarzen 50 Prozent oder mehr Stimmen errungen hatten. Diesmal gibt es mit Hüttschlag (54,4 Prozent) und Saalbach (51,5) nur noch zwei. Skurril: Saalbach ist neben Viehhofen, St. Martin/Lofer und Goldegg einer von vier Orten, in dem Schwarz sogar zulegte. Zugelegt hat mit SPÖ streng genommen noch ein weiterer Wahl-Verlierer. 2018 lag man in vier Gemeinden an der Spitze. Nun sind es sechs.

(Bild: Krone KREATIV)

Flachgau: „Veränderung in der SPÖ nötig“
Ernüchtert reagierte der Bürgermeister der rot regierten Gemeinde Oberndorf auf das Wahlergebnis. „Man kann das nicht alleine dem Bund zuschreiben“, sagte Ortschef Georg Djundja zur „Krone“. Im SPÖ-Landesparteivorstand, in dem er auch sitzt, müsse am Montag „klar und hart analysiert werden“. Seine Partei brauche eine Veränderung. Fordert er das Aus für David Egger? Tatsache sei, so Djundja: Die FPÖ habe besser kommuniziert und die Wähler stärker erreicht als die SPÖ, ebenso die KPÖ.

Oberndorfs Bürgermeister Georg Djundja fordert eine „harte Analyse“ in der SPÖ. (Bild: Tröster Andreas)
Oberndorfs Bürgermeister Georg Djundja fordert eine „harte Analyse“ in der SPÖ.

In Neumarkt, der Heimatgemeinde ihres Spitzenkandidaten David Egger, holten die Sozialdemokraten den ersten Platz mit 27,8 Prozent ganz knapp vor den Freiheitlichen. „Schwierige Zeiten schaden den regierenden Parteien“, begründet der Neumarkter Bürgermeister Adolf Rieger (ÖVP) die ÖVP-Wahlschlappe. Salzburg setze den Trend fort, der auch in Niederösterreich und in Kärnten aufgetreten sei. Das starke KPÖ-Ergebnis findet Rieger „total überraschend“.

So sieht es auch der parteifreie Grödiger Bürgermeister Herbert Schober: „Vor allem überrascht mich, dass die KPÖ so viel dazugewonnen hat und dass die Neos nicht mehr im Landtag sind. Ich hoffe, dass schnell eine neue Landesregierung gebildet werden kann.“ In puncto FPÖ-Stimmenzuwachs sieht er Grödig im Landestrend. Schober: „Die haben ja in jedem Ort Stimmen dazu gewonnen.“

Grödigs Bürgermeister Herbert Schober (parteifrei) hofft auf eine baldige neue Landesregierung. (Bild: ANDREAS TROESTER)
Grödigs Bürgermeister Herbert Schober (parteifrei) hofft auf eine baldige neue Landesregierung.

In Großgmain, wo Marlene Svazek lebt, kam die FPÖ auf 36,5 Prozent. „Das war klar, dass die FPÖ mit ihrer Spitzenkandidatin im Ort Zugewinne bekommt“, findet Bürgermeister Sebastian Schönbuchner (ÖVP). Mehr Stimmen für die FPÖ als für die ÖVP – das habe der Ort schon zu Jörg Haiders Zeiten gehabt. Schockiert ist Josef Wörndl (ÖVP): „Es entsetzt mich, dass die FPÖ in Faistenau gewonnen hat. Aber der Wählerwille ist der Wählerwille.“

Marlene Svazek bei der Stimmabgabe in Großgmain. Hier in ihrem Wohnort kam die FPÖ mit 36,5 Prozent auf Platz eins. (Bild: Tschepp Markus)
Marlene Svazek bei der Stimmabgabe in Großgmain. Hier in ihrem Wohnort kam die FPÖ mit 36,5 Prozent auf Platz eins.

Tennengau: FPÖ und ÖVP beinahe gleichauf
Ein enges Rennen, ÖVP und FPÖ trennen keine 50 Wählerstimmen. Besonders knapp ist es in Scheffau und Golling. In vielen traditionellen schwarzen Gemeinden kommt es zu Erdrutschsiegen der Freiheitlichen. In Kuchl etwa verliert die ÖVP 16 Prozentpunkte. „Da ist sehr viel Protest dabei, weil man sich in der Politik nicht wiederfinden konnte“, analysiert das ÖVP-Stadtoberhaupt Thomas Freylinger und schiebt die Verantwortung auf die Landesregierung. „Die Kuchler vergessen nicht“, kann er sich einen Seitenhieb auf die Corona-Politik nicht verkneifen.

Laut Freylinger beschäftigt die Wähler ebenso der Bau der 380-KV-Leitung, die mitten durch die Gemeinde laufen soll. Auch in St. Koloman strafen die Wähler die ÖVP ab und wenden sich stattdessen den Freiheitlichen zu.

Eng ist das Ergebnis auch in Salzburgs zweitgrößter Stadt. In Hallein hat die FPÖ knapp die Nase vorne. Der SPÖ mit Bürgermeister Alexander Stangassinger bleibt nur Platz zwei. Und die Volkspartei ist nur noch Dritter. „Die ÖVP hat die Rechnung bekommen. Sie muss sich etwas überlegen“, kommentiert der rote Stadtchef in Richtung des schwarzen Konkurrenten. Selbstkritische Worte zu seiner Partei sind ihm allerdings nicht zu entlocken. Die Neos bekommen aus dem Tennengau keinen Regierungsauftrag für den Salzburger Landtag mehr. Die KPÖ klettert im Bezirk auf ein Rekord von 10,6 Prozent.

Schwarzer Pinzgau mit blauen Flecken
Während das vorläufige Ergebnis der Wahl auf sich warten ließ, war eines schnell klar: Die FPÖ hat mit Uttendorf die erste Pinzgauer Gemeinde erobert und die ÖVP dort vom ersten Platz gestoßen. Überhaupt haben die Blauen in den Oberpinzgauer Gemeinden durchwegs zweistellige Zuwächse erreicht und neben Stuhlfelden und Niedernsill auch in Mittersill die meisten Stimmen bekommen. Die anderen Orte wie Krimml und Neukirchen bleiben traditionell schwarz. Doch überall ist die FPÖ näher gerückt. Einen möglichen Grund: Die Stimmen von Karl Schnells FPS, die 2018 rund zehn Prozent im Bezirk erreichte, dürften verstärkt zur FPÖ gewandert sein.

Der Pongau erlebt das blaue Wunder
Salzburgs einziger blauer Bürgermeister Christian Pewny ist überwältigt. „Endlich hat die Landkarte in Salzburg ein paar blaue Flecken.“ Obwohl in „seinem“ Radstadt die ÖVP die Nase vorne behält (34,23 Prozent), freut sich der Politiker über das landesweite Wahlergebnis. Im Pongau gehen die Blauen in vier von 25 Gemeinden als Spitzenreiter hervor. Neben St. Martin, Hüttau und Werfenweng sind auch in Werfen die Blauen die Gewinner. „Es war zu erwarten, dass die FPÖ gewinnen wird, dass aber die ÖVP so viel verliert, hatte ich nicht erwartet“, sagt Hubert Stock (ÖVP), Bürgermeister von Werfen. Dort gewinnt die FPÖ 5,99 Prozentpunkte dazu, die ÖVP hingegen verliert 6,83 Prozentpunkte. Ihn überrascht der große Verlust - landesweit und auch in Werfen.

Christian Pewny, hier mit Frau Sandra beim Urnengang am Sonntag, freut sich über das Ergebnis. (Bild: GERHARD SCHIEL)
Christian Pewny, hier mit Frau Sandra beim Urnengang am Sonntag, freut sich über das Ergebnis.

Doch nicht nur die Blauen erzielten bei der Landtagswahl Erfolge. Auch das Ergebnis der KPÖ Plus kann sich in den Pongauer Gemeinden sehen lassen. 6,71 Prozent erreichten die Kommunisten im großteils weiterhin schwarzen Bezirk. Als eine der wenigen Gemeinden gewinnt Goldegg unter Ortschef Hannes Rainer an schwarzen Wählern dazu. „Das spricht für das Team“, so der ÖVPler. Während Neos und Grüne im Pongau an Stimmen verlieren, trotzen die sozialdemokratischen Hochburgen in Bischofshofen, Mühlbach und Schwarzach dem blauen Wunder.

FPÖ und ÖVP trennten im Lungau nur 21 Stimmen
Eigentlich galt der Lungau als ÖVP-Hochburg. Für gewöhnlich ließ die Volkspartei den Mitbewerb weit hinter sich. Das hat sich am Sonntag geändert. Satte 43,1 Prozent und damit ein Plus von 20,8 Prozent fuhren die Freiheitlichen in Zederhaus ein. Die ÖVP blutete und büßte 15 Prozentpunkte ein, kam aber dennoch auf 39,6 Prozent. Im Schnitt legte die FPÖ 13,9 Prozentpunkte zu. Die ÖVP büßte 13,5 Punkte auf den Zähler ein. Insgesamt liegen nur 21 Stimmen zwischen Schwarz und Blau. Die SPÖ hielt sich stabil. Der KPÖ gelang ein Achtungserfolg auf schwierigem Terrain. Das Ergebnis von Neos und Grünen grenzt an Bedeutungslosigkeit.

Porträt von Salzburg-Krone
Salzburg-Krone
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