Mit Nazis, Drittem Reich und braunen Umtrieben haben die Herren aus Seekirchen absolut nichts am Hut. "44er" nennen sie sich, weil sie alle Jahrgang 1944 sind und auch zusammen in ihrem Heimatort die Schulbank gedrückt haben. Aus dieser gemeinsamen Erinnerung wurde eine bleibende Freundschaft: Noch immer treffen sich die Männer einmal monatlich beim Stammtisch, wo sie über alte Zeiten plaudern und Erinnerungen austauschen.
Fürs heurige Jahr hatten sich die Herren – allesamt schon in Pension und 67 Jahre alt – etwas Besonderes ausgedacht: Ende August fuhren sie drei Tage lang in die Steiermark. Mit vollem Programm: Ein Ausflug zum Schloss Pöllau war ebenso eingeplant wie eine Besichtigung der mächtigen Riegersburg und zum Abschluss noch ein Spaziergang durch die Grazer Altstadt samt Abstecher auf den Schlossberg.
Begrüßungsszene im Gasthaus als Auslöser
Um ihre Gemeinschaft auch sichtbar zu betonen, ließen sich die 17 Teilnehmer spezielle Hemden machen: hellblau mit dem eingestickten Schriftzug "Die 44er Seekirchen" (Bild) am Hemdkragen. Und genau das sorgte für einen fatalen Irrtum. Beim Abendessen saßen die Herren in ihren Einheits-Hemden im Gasthaus. Der Organisator der Fahrt winkte quer durch die Gaststube einem Ankömmling zu und begrüßte ihn fröhlich.
Doch ein Ehepaar am Nebentisch verstand die ganze Szene offenbar völlig falsch: Die beiden hielten das gemütliche Treffen für eine Versammlung von Neonazis - und bestellten nach heftigen Beschwerden beim Wirt ihre Mahlzeiten ab. Alle Versuche, den beiden die Sache zu erklären, scheiterten kläglich.
"Vorwurf der Wiederbetätigung ist total abwegig"
Doch das dicke Ende folgte schließlich mit ein paar Wochen Verspätung: Das Ehepaar zeigte die Männerrunde und den Wirt wegen Wiederbetätigung an. Das Winken im Gastraum hatten sie als Hitlergruß missverstanden. Jetzt ermittelt sogar die Polizei. Der Wirt wurde drei Stunden einvernommen, auch der Organisator der Reise wurde zur Vernehmung geladen.
"Der Vorwurf der Wiederbetätigung ist total abwegig. Ich lege die Hand für alle Beteiligten ins Feuer", erklärt der Seekirchner Vizebürgermeister Helmut Naderer. "Der Vater eines Betroffenen war ja sogar der Bürgermeister, der von den Nazis abgesetzt wurde."
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