Trotz anders lautender Politik-Ankündigungen hat sich die Bodenversiegelung im letzten Jahr in Österreich von 40 auf 58 Prozent erhöht. Die Südsteiermark ist besonders betroffen.
Klimaforscherin und „Krone“-Autorin Helga Kromp-Kolb unterstützt die NGO AllRise, die am Donnerstag wegen des voranschreitenden Bodenverbrauchs eine Klage gegen die Republik Österreich eingebracht hat: „Unser globales Ökosystem besteht nicht nur aus Luft, der Boden ist ein ganz wesentlicher Faktor in der Klimadiskussion“, betont die Wissenschafterin.
Dass sich hierzulande die Bodenversiegelung zuletzt noch einmal erhöht hat, stimmt auch Gerhard Schnedl von der Uni Graz verdrießlich, wie er unlängst beim Grazer Umweltrechtsforum betonte: „Wir verbrauchen durchschnittlich 11,3 Hektar Boden täglich - und die Steiermark ist dabei federführend“, sagt der Umweltjurist.
Kritik an zahnloser Raumordnung
„In den bestehenden Raumordnungsgesetzen gibt es keinerlei quantitative Vorgaben, wie viel Fläche verbaut werden darf, stattdessen finden sich dort nur vage Leitziele“, so Schnedl.
Die lukrativste Fruchtfolge heißt Betongold, sie verspricht nämlich die höchste Rendite, ist heute ein Bombengeschäft.
Andreas Lackner, Grüner Agrarsprecher
Wozu das führen kann, zeigt das Beispiel St. Veit - stellvertretend für viele (süd)steirische Gemeinden: „Ich habe zehn Jahre lang nicht hier gelebt und mich bei jedem Besuch erschreckt, was aus meiner Heimat geworden ist“, erzählt Alice Cosatti.
Gemeinde als „Immobilienmakler“
Die junge Frau hat die Landwirtschaft ihrer Mutter übernommen und den Betrieb auf Bio umgestellt; die Entwicklung um ihren Hof herum beobachtet sie mit großer Sorge: „Insgesamt sollen in St. Veit bis zu 50 Hektar Ackerland in Industriegebiet umgewidmet werden. Das tragischste dabei ist, dass der Gemeinderat schon wie ein Immobilienmakler agiert: Erst kürzlich wurde ein höchst spekulativer Kauf getätigt, bei dem die Kommune für einen 3,7 Hektar großen Acker sogar ein Darlehen über 1,6 Millionen Euro aufgenommen hat“, schüttelt sie den Kopf.
Dass nicht einmal vor dem Gebiet rund um die Rabenhofteiche Halt gemacht wird, ruft auch Naturschützer auf den Plan: „Vom Balkanmoorfrosch bis zur Graugans - hier handelt es sich um eines der artenreichsten Gebiete des Landes, aber der Flächenfraß kennt leider auch keine Tabuzonen“, kritisiert Zoologe Werner Kammel.
„Jede Gemeinde braucht Entwicklung“, begründet ÖVP-Bürgermeister Gerhard Rohrer, der die Zweidrittelmehrheit hält, seine Linie. Hinter dem Flächenankauf stecke Strategie: „So kann die Gemeinde wenigstens lenken, wer, was auf größeren Gründen errichtet.“
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