Mit Herbert Kickl will die ÖVP nach eigener Aussage nichts zu tun haben. Der jüngste Schmusekurs mit der FPÖ sendet jedoch widersprüchliche Signale. Und neue Umfragen zeigen: ÖVP-Wähler wären ihren Vertretern gar nicht so böse, wenn sie Kickl in eine Regierung hieven würden.
FPÖ-Chef Herbert Kickl macht keinen Hehl daraus, wo es für ihn hingehen soll. Er will „Volkskanzler“ werden, den Ballhausplatz einnehmen. Unter seiner Führung soll die „Festung Österreich“ eingezäunt werden. Ganz im Sinne der radikalen blauen Parteilinie, dem „letzten Bollwerk der Normalität“.
Umfragen zeigen jedoch, dass die Mehrheit der Österreicher den blauen Duktus - von Kampfbegriffen durchzogen - ablehnt und mit Kickls Festungs-Fantasien wenig anfangen kann. Bei einer Umfrage von Peter Hajek für ATV (500 Befragte) haben sich 54 Prozent gegen eine FPÖ-ÖVP-Koalition im Bund ausgesprochen. Bei einer OGM-Umfrage für den „Kurier“ (knapp 2300 Befragte) nennen nur 19 Prozent eine Zusammenarbeit von FPÖ und ÖVP als bevorzugte Wahl.
ÖVP-Wähler: 61 Prozent Zustimmung für Kickl-Koalition
Was die Mehrheit der Österreicher will, ist für eine Kickl-Koalition allerdings nicht wirklich entscheidend. Was ÖVP-Wähler wollen, dagegen schon: „Auch wenn sich eine klare Mehrheit gegen eine Blau-Türkise Koalition ausspricht, kommt es für die ÖVP nur auf die eigene Wählerschaft an - und diese sieht das mit 61 Prozent Zustimmung alles andere als kritisch“, analysierte Hajek das Ergebnis am Sonntag.
Doch würde sich die Bundes-ÖVP dem Wählerwillen beugen? Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat die „Vorstellung eines Bundeskanzlers Herbert Kickl“ in der „Kleinen Zeitung“ kürzlich als „erschreckend“ bezeichnet - obwohl ihre Partei in Salzburg heftig mit der FPÖ flirtet und auch in Niederösterreich und Oberösterreich mit den Blauen zusammenarbeitet (siehe Grafik).
Wie glaubwürdig ist die ÖVP?
Angesprochen auf ein Glaubwürdigkeitsproblem der Partei, erklärt Edtstadler: „Ich bin Verfassungsministerin, man muss demokratische Ergebnisse anerkennen.“ Zudem habe sich die SPÖ gegen eine „breite Allianz“ mit ÖVP und FPÖ in Salzburg ausgesprochen. Ihr Parteikollege, Landeshauptmann Wilfried Haslauer, sei imstande, „eine gute Zusammenarbeit mit der FPÖ zu etablieren“.
Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) will im „Krone“-Interview seine Wähler nicht getäuscht haben, obwohl er im Wahlkampf vor Kickl warnte. Er hätte „nie gesagt“, die FPÖ bei Koalitionsverhandlungen auszuschließen. Die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek sage selbst, „dass Herr Kickl nicht auf der Wahlliste stehe, nicht Teil des Verhandlungsprogramms sei und dass sie mit ihm auch nicht darüber rede“. Das nehme er zur Kenntnis: „Das Problem der FPÖ ist Kickl in seiner herabwürdigenden Tonalität.“
Vielleicht sind auch Dreier-Konstellationen möglich.
Karoline Edtstadler
Bild: APA/GEORG HOCHMUTH
Edtstadler betont: Den Usancen nach werde nach der Wahl zwar die stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Es habe aber auch schon andere Varianten gegeben, erinnerte sie an das Jahr 2000. „Vielleicht sind auch Dreier-Konstellationen möglich.“ Die Regierung habe jetzt noch ein Jahr Zeit, „um zu überzeugen“.
FPÖ in Sonntagsfrage voran
Denn die stärkste Partei scheint im Bund derzeit die Kickl-FPÖ. 28 Prozent würden laut der OGM-Befragung die FPÖ wählen, 23 Prozent die ÖVP, 20 die SPÖ und jeweils neun Prozent Grüne und NEOS. Im Nachgang der Salzburg-Wahl käme außerdem die KPÖ auf sieben Prozent.
Bei einer fiktiven Kanzler-Direktwahl gäbe es für ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer mit 24 Prozent die meisten Stimmen, knapp gefolgt von FPÖ-Chef Kickl mit 22. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, derzeit im Dreikampf um den Parteivorsitz, käme auf 16 Prozent.
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