Das österreichische Bundesheer ist seit 24 Jahren im Kosovo im Einsatz. Die Soldaten leben in einer eigenen Stadt, dem Camp Film City. Kommandant Oberst Berthold Sandtner gab der „Krone“ Einblicke in dieses Leben.
„Krone“: Herr Oberst Sandtner, Sie sind der Kommandant des 48. österreichischen KFOR-Kontingents. Dieser Einsatz dauert schon 24 Jahre, wie lange beteiligt sich das Österreichische Bundesheer schon an diesem Einsatz?
Oberst Sandtner: Das österreichische Bundesheer ist seit Beginn dieses NATO-geführten Einsatzes im Jahr 1999 dabei. Rechtsgrundlage für den Einsatz bildet die UN-Resolution 1244 vom 10. Juni 1999. Die österreichische Truppenstärke betrug bis zu 500 Soldaten, derzeit sind es etwa 300. Neben dem Einsatz in Bosnien-Herzegowina ist der Einsatz im Kosovo der zweite Einsatzraum des Österreichischen Bundesheeres am Westbalkan.
Mit welchen Waffengattungen beteiligt sich das Bundesheer am KFOR-Einsatz?
Derzeit beteiligen wir uns mit einer Infanteriekompanie, einer Aufklärungskompanie und gemeinsam mit der Schweiz mit einer Transportkompanie. Darüber hinaus stellen wir Stabsoffiziere im KFOR-Hauptquartier und einige spezialisierte Elemente wie beispielsweise Kampfmittelbeseitiger und Militärpolizisten. Teile davon sind in der internationalen KFOR-Struktur integriert, es gibt aber auch rein nationale Elemente, die zum Beispiel der Sicherstellung der Anschlussversorgung aus Österreich dienen.
Aus welchen Bundesländern kommen die Soldaten des 48. KFOR-Kontingents?
Aufstellungsverantwortlich für KFOR war die 6. Hochgebirgsbrigade aus Tirol. Den Kern des nationalen Führungselements bilden Soldaten des Jägerbataillons 26 aus Spittal an der Drau. Die Soldaten der Infanteriekompanie werden durch die Garde aus Wien gestellt und die der Aufklärungskompanie durch das Aufklärungs- und Artilleriebataillon 4 aus Horn. Viele der Soldaten der Transportkompanie kommen aus der Steiermark, wir haben auch einen Soldaten aus Vorarlberg im Einsatzraum. Man kann also sagen, es handelt sich um ein gesamtösterreichisches Kontingent.
Wie sieht der Alltag eines österreichischen Soldaten im Einsatz aus? Haben die Soldaten auch Urlaub?
In der Norm dauert ein Auslandseinsatz 6 Monate. Es gibt aber auch Soldaten, die ihren Einsatz verlängern oder aber auch nur 3 Monate im Einsatz bleiben. Grundsätzlich besteht für alle Soldaten hier an 7 Tagen die Woche 24 Stunden Dienst, wobei es natürlich Ruhezeiten gibt. Die Sonntage werden, wenn es die Auftragslage zulässt, auch möglichst freigehalten. In einem 6-monatigen Normeinsatz haben die Soldaten gut drei Wochen Urlaub, der meist in zwei oder drei Tranchen konsumiert wird.
Gibt es auch Frauen in Ihrem Kontingent?
Ja natürlich. Derzeit habe ich insgesamt 10 Frauen in meinem Kontingent, die ihren Einsatz genauso vorbildlich versehen wie ihre männlichen Kameraden. Sie sind hier in verschiedenen Funktionen tätig. Von der Personalbearbeiterin bis zur Militärpolizistin.
Wie verbringen die Soldaten ihre Freizeit?
Hier gibt es natürlich gewisse Einschränkungen. Man kann nicht einfach das Camp verlassen und einen Shopping-Trip machen. Es gibt allerdings in den Camps Restaurants und auch Geschäfte des täglichen Bedarfs. Viele Soldaten machen regelmäßig Sport, das lässt sich daran messen, dass sie ihre persönliche Fitness während des Einsatzes verbessern. Manche erlernen eine Fremdsprache, wieder andere lesen viel oder sehen viel fern. Es wird auch viel Wert auf Kameradschaft und Gemeinschaft gelegt. Das geht vom gemeinsamen Sonntagsbrunch bis zur Teilnahme als Team an sportlichen Wettkämpfen. Es gibt auch eine Menge soziale Events. Beispielsweise haben das deutsche, schweizer und österreichische Kontingent erst unlängst gemeinsam einen Maibaum aufgestellt. Mir hat meine Familie ein 1.500 Teile Puzzle mitgegeben, mit dem Auftrag es während meines Einsatzes fertigzustellen. Bisher bin ich dabei leider mäßig erfolgreich gewesen.
Verdienen die Soldaten im Auslandseinsatz besser als zuhause?
Ja natürlich. Es gibt entsprechende Auslandszulagen. Diese richten sich nach dem Klima im Einsatzraum, dem Erdteil, in dem der Einsatz stattfinden und der Gefährdungslage, der die Soldaten ausgesetzt sind und der Funktion in der man Dienst versieht. Man kann aber ungefähr davon ausgehen, dass sich das Gehalt verdoppelt.
Hat der Kosovo-Einsatz einen militärischen Mehrwert für die Entwicklung des Österreichischen Bundesheeres?
Der Einsatz hat sich in 24 Jahren doch stark verändert. 1999 war es ein wesentlich robusterer Einsatz. Die Aufgaben haben sich seitdem gewandelt. Für die Soldaten sind Auslandseinsätze dennoch immer ein Erfahrungsgewinn. Sie haben die Möglichkeit unter einsatzähnlichen Bedingungen ihre Aufgaben zu erfüllen. Sie verbessern dadurch ihre Fähigkeiten und tragen damit wesentlich zu einer Erhöhung der Einsatzbereitschaft des Österreichischen Bundesheeres bei. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist allerdings auch, dass nur im Rahmen von solchen Einsätzen die Interoperabilität, also die Fähigkeit zur multinationalen Zusammenarbeit mit anderen Streitkräften, auf Herz und Nieren getestet und auch entsprechend weiterentwickelt werden kann. Hier liegt aus meiner Sicht der größte Mehrwert der Auslandseinsätze für das Österreichische Bundesheer.
Sie waren bereits im Einsatz im Kosovo. Was hat Sie dazu bewogen, noch einmal hierher zu kommen?
Die Möglichkeit, in einer militärischen Führungs- und Kommandantenfunktion im multinationalen Umfeld tätig zu sein. Es ist eine lohnende Aufgabe, in einer militärischen Führungsposition im Einsatz zu sein. Das ist der Grund, warum ich zum Bundesheer gegangen bin.
Danke für das Gespräch Herr Oberst Sandtner.
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