Schwarze Zerreißprobe

Kanzler Kickl: ÖVP-Urgestein droht mit Austritt

Tirol
09.05.2023 10:40

Steht die ÖVP vor einer innerparteilichen Zerreißprobe? Die aktuelle Annäherung der Schwarzen an die FPÖ (Stichwort NÖ und Salzburg) stößt einigen Urgesteinen sichtlich sauer auf. Der frühere EU-Kommissar würde sogar einen drastischen Schritt setzen, sollte seine Partei nach der kommenden Nationalratswahl einen Bundeskanzler Herbert Kickl (siehe Video oben) ermöglichen.

Machen sie den blauen Frontmann zum Regierungschef, „dann ist sie nicht mehr meine Partei“, betonte Fischler. Und legte noch eines drauf: „In dem Fall würde ich aus der ÖVP austreten!“ Sollte die Volkspartei einen Kanzler Kickl ermöglichen, „dann erleben wir den Beginn des Endes der ÖVP“, meinte der Ex-EU-Kommissar und ehemalige Landwirtschaftsminister.

Bei Schwarz-Blau glaubt Fischler an ÖVP-Spaltung
Zudem wäre dies der „Beginn einer neuen konservativen Partei“, ortete Fischler für diesen Fall eine Parteispaltung.

Der ehemalige Tiroler EU-Kommissar und langjährige ÖVP-Exponent Franz Fischler spricht von einem „Erdbeben“. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Der ehemalige Tiroler EU-Kommissar und langjährige ÖVP-Exponent Franz Fischler spricht von einem „Erdbeben“.

Zu einer generellen Absage an eine Koalition mit der FPÖ wollte Fischler in der „Tiroler Tageszeitung“ nicht raten: „Ich gebe meiner Partei keine Empfehlungen mehr.“

„Mit dieser FPÖ ist kein Staat zu machen“
Zur Erinnerung: Bereits das schwarz-blaue Bündnis in Niederösterreich stieß in Teilen der Volkspartei auf massive Kritik. „Mit dieser FPÖ ist kein Staat zu machen“, betonte EU-Politiker Othmar Karas Mitte März auf Twitter.

„Rechtsruck“: Ex-Ministerin trat im März aus der ÖVP aus
Einen Schritt weiter in ihrer Kritik ging damals die ehemalige ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Sie teilte auf Facebook mit, dass sie aus der Volkspartei austreten werde.

Khol: Koalition mit FPÖ unwahrscheinlich 
Neben Fischler meldeten sich nun auch zwei weitere ÖVP-Granden zur aktuellen politischen Lage zu Wort. „Ich sehe bei der FPÖ unter Herbert Kickls Führung weder Anzeichen einer Änderung in Stil, Ton oder inhaltlicher Ausrichtung, sodass ich eine Zusammenarbeit der ÖVP und der FPÖ nach der Nationalratswahl als unwahrscheinlich einstufe“, ließ der frühere Nationalratspräsident und Klubobmann Andreas Khol wissen.

ÖVP-Urgestein Andreas Khol (Bild: Uta Rojsek-Wiedergut)
ÖVP-Urgestein Andreas Khol

Er gehe davon aus, dass Bundeskanzler und Parteichef Karl Nehammer die ÖVP in die Wahl führt: „Ich traue ihm Platz 1 oder mindestens Platz 2 zu. Daher ist die wahrscheinlichste Koalition ÖVP mit SPÖ oder ÖVP mit SPÖ und NEOS.“

An ein Szenario wie 1999/2000 im Zuge der ersten schwarz-blauen Regierungsbildung, als Jörg Haider Susanne Riess in die Regierung schickte, in Kärnten blieb und die Parteiobmannschaft abgab, glaubt Khol, damals ein Mitarchitekt der „Wende“, diesmal nicht: „Kickl ist kein Landeshauptmann, und er hat nicht die intellektuelle Gabe Haiders.“

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Kickl ist kein Landeshauptmann, und er hat nicht die intellektuelle Gabe Haiders.

ÖVP-Urgestein Andreas Khol

Neisser: Noch nie solch eine Leere in ÖVP erlebt 
Ernüchternd indes der Befund von Heinrich Neisser, ebenfalls früher Klubobmann der ÖVP und Zweiter Nationalratspräsident, über seine politische Heimat: Er vermisse „jegliche Anzeichen hin zu einer Revitalisierung“, so Neisser: „Sollte die ÖVP nach der Nationalratswahl eine Koalition mit der FPÖ eingehen, dann ist die ÖVP im besten Fall nur mehr ein Dachverband von neun Landesorganisationen. Ich habe in der ÖVP noch nie solch eine Leere erlebt wie derzeit.“

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