Armut in Österreich hat viele Gesichter. Am stärksten betroffen sind Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, ältere und kranke Menschen. Was kann man dagegen tun?
Die extreme Teuerung hat die Wunde der Armut offengelegt. Viele Menschen können sich Wohnen, Energie und Essen nicht mehr leisten und sind auf Hilfe angewiesen. Wer sind diese Menschen? „Das wissen wir sehr genau“, sagt Martin Schenk von der Armutskonferenz im Gespräch mit der „Krone“. „Armut ist weiblich, alleinstehend, sie hat Kinder, einen schlecht bezahlten Job und eine oder mehrere Krankheiten.“ Die Gruppe der chronisch kranken Menschen werde oft vergessen, sagt Schenk.
Alleinerziehende haben das höchste Armutsrisiko
Besonders von Armut gefährdet sind Kinder (30 Prozent), Alleinerzieherinnen (52 Prozent) und Arbeitslose (67 Prozent). Die Zahl der „Working Poor“ ist auf 331.000 gestiegen. Alleinlebende Frauen in der Pension sind ebenso stärker gefährdet (28 Prozent). Das höchste Risiko haben aber Alleinerziehende. Deswegen hat die Regierung eine Extrahilfe für Kinder angekündigt. Den Experten ist das aber nicht genug.
Abgeltung der Inflation alleine reicht nicht
Menschen mit geringem Einkommen haben drei große Themen: Wohnen, Energie und Lebensmittel. „Der größte Hebel ist das Wohnen“, sagt Schenk. Es sei ein Denkfehler zu glauben, dass alles wieder gut ist, wenn wir die Inflation abgelten. Gerade bei den Mietpreisen hat die Regierung keine Maßnahmen gesetzt, weil sich ÖVP und Grüne nicht einigen konnten. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) spielt den Ball an die Bundesländer. Diese hätten bei der Wohnbeihilfe und der Sozialhilfe Spielräume.
Keine Verbesserungen in den letzten 15 Jahren
Bemerkenswert ist, dass es in den vergangenen 15 Jahren leichte Schwankungen gegeben hat, aber die Zahl der Armutsgefährdeten gleich ist. Das würde darauf hinweisen, dass die Politik hier zu wenig getan hat. Durch die hohe Inflation hat sich die Lage nun dramatisch verschärft. Die Armutskonferenz schlägt eine Reform der Sozialhilfe vor: Die Wohnkosten sollen zur Gänze übernommen werden. Weiters sollen die Mindeststandards für alle Kinder gleich hoch sein, egal, in welcher familiären Konstellation. Die Höhe der Leistung soll nicht davon abhängen, wie viele Geschwister ein Kind hat. Die Mindeststandards sollen an der Armutsgefährdungsschwelle angepasst und jährlich valorisiert werden.
Seit Jahren gefordert wird eine Reform des Arbeitslosengeldes, weil dieses in Österreich vergleichsweise niedrig ist. ÖVP und Grüne sind hier ebenfalls gescheitert. Ein besonders wichtiger Punkt im Kampf gegen Armut ist Bildung. Kinder aus armen Familien brauchen mehr Unterstützung, um nicht selber als Erwachsene arm zu werden oder es zu bleiben.
Was die Politik gegen die Armut tun muss, lesen Sie auch im Interview mit WIFO-Chef Gabriel Felbermayr.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.