Appell an Nehammer

Entminungs-Aus: Kiew enttäuscht, SPÖ für Allianz

Politik
19.05.2023 16:41

Nach seinem Nein zu einem Entminungseinsatz des Bundesheeres in der Ukraine (siehe Video oben), sieht sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nun mit Kritik aus dem In- und Ausland konfrontiert. Kiew etwa zeigte sich „sehr enttäuscht“ vom Vorgehen Österreichs. Die SPÖ fordert die Umsetzung einer internationalen Allianz für humanitäre Hilfe in der Ukraine.

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk appellierte am Freitag im Ö1-„Mittagsjournal“ an Österreich, Entminungshilfe als „humanitäre Geste“ zu leisten. Er forderte dazu auf, die Bitte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu unterstützen, da diese der Neutralität nicht widerspreche.

Kiew: Österreich im Bereich der Entminung „weltweit federführend“
30 Prozent der Fläche der Ukraine - darunter ganze Dörfer und Felder - seien wegen der Okkupation Russlands vermint worden, so Melnyk. Und das auch in Gegenden, in denen es seit über einem Jahr keine Kampfhandlungen mehr gegeben habe. Das Vorgehen Österreichs bezeichnete Melnyk als „sehr enttäuschend“, die österreichische Neutralität als „aus der Zeit gefallen“. Als Ukrainer könne er es nicht verstehen, in einem Krieg, in dem es um die „Vernichtung des ukrainischen Volkes“ gehe, neutral zu bleiben - vor allem im Hinblick darauf, dass Österreich im Bereich der Entminung „weltweit federführend“ sei.

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Die österreichische Neutralität ist aus der Zeit gefallen. Als Ukrainer kann ich es nicht verstehen, in einem Krieg, in dem es um die Vernichtung des ukrainischen Volkes geht, neutral zu bleiben.

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk

SPÖ für humanitäre Allianz
Die SPÖ fordert neben dem Bundeskanzler auch Außenminister Alexander Schallenberg und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (alle ÖVP) auf, in einem internationalen Prozess Partnerschaften für eine breite humanitäre Allianz zu schmieden, die UNHCR und EU unterstützt. Diese Gruppe solle eine gemeinsame Strategie und ein gemeinsames Vorgehen für humanitäre Hilfe in der Ukraine entwickeln und umsetzen, regte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer am Freitag in einer Aussendung an.

„Russland produziert mit seinen ständigen Raketenschlägen auf zivile Ziele laufend mehr Tote, Verletzte, Flüchtlinge und Obdachlose und verschärft die Versorgungslage in der Ukraine immer mehr“, sagte Laimer. „Als Spitzenreiter für humanitäre Hilfe kann Österreich mit Partnern innerhalb und außerhalb der EU gerade jetzt viel bewirken. Eine humanitäre Allianz kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um die Not der ukrainischen Bevölkerung zu lindern und einen wichtigen Beitrag zur europäischen Sicherheits- und Stabilitätspolitik zu leisten.“

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Als Spitzenreiter für humanitäre Hilfe kann Österreich mit Partnern innerhalb und außerhalb der EU gerade jetzt viel bewirken.

SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer

Kanzler: Kein österreichischer Soldat betritt Kriegsgebiet
Nehammer sprach sich am Freitag gegen eine österreichische Beteiligung aus, solange in der Ukraine Krieg herrsche, und ortete bei einem solchen Einsatz Probleme mit der Neutralität. „Es wird kein österreichischer Soldat für so einen operativen Einsatz ukrainischen Boden betreten, solange das ein Kriegsgebiet ist“, hieß es in Nehammers Stellungnahme. „Wer österreichische Soldaten in ein Kriegsgebiet schicken will, der riskiert, dass sie nicht mehr lebend zurückkommen“, so der Kanzler, der betonte, dass er einen solchen Einsatz „auch im Hinblick auf Österreichs Neutralität als problematisch“ sehe. Österreich prüfe derzeit eine finanzielle Beteiligung an so einer Initiative.

Entminung in Ukraine: Van der Bellen für österreichische Unterstützung
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte sich hingegen zuletzt für eine österreichische Unterstützung bei der Entminung ziviler Bereiche in der Ukraine starkgemacht: „Ich verstehe nicht, warum die Bundesregierung bei der Frage der Entminung immer noch zögert. Unterstützung bei der Entminung ziviler Bereiche wie Wohnhäuser, Schulen, Kindergärten oder landwirtschaftlicher Gebiete widerspricht sicher nicht der österreichischen Neutralität, sondern ist eine humanitäre Angelegenheit“, sagte er im Rahmen des am Mittwoch zu Ende gegangenen Europarats-Gipfels in Reykjavik.

Kickl gegen österreichische Unterstützung, NEOS dafür
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hatte den Vorstoß des Bundespräsidenten am Donnerstag gegenüber Ö1 abgelehnt. Sie betonte, dass es aktuell nicht möglich sei, in der Ukraine „zwischen einer humanitären und einer militärischen Entminung unterscheiden zu können“. Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach sich mit Verweis auf die österreichische Neutralität dagegen aus. Der Sicherheits- und Verteidigungssprecher der NEOS, Douglas Hoyos, unterstützte hingegen die Aussagen Van der Bellens.

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