Das war‘s nun also. Pamela Rendi-Wagner ist Geschichte. Die erste Frau an der Spitze der SPÖ, die erste gewählte Bundeskanzlerin Österreichs werden wollte, tritt nicht mehr als Parteichefin an, verlässt nach der Schlappe bei der SPÖ-Mitgliederbefragung wohl die Politik. Sie verlässt damit die Politik, in der sie nie wirklich angekommen war.
In die Politik geholt hatte sie der damalige Bundeskanzler und SP-Chef Christian Kern - die ausgebildete Ärztin und damalige Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit übernahm das Gesundheitsministerium von der verstorbenen Sabine Oberhauser. Und machte in diesem Ressort gute Figur. Der SPÖ beigetreten war sie erst knapp vor ihrer Angelobung. Der fehlende rote Stallgeruch - kein Problem in einem Sachressort.
Doch dann schmiss der wankelmütige Christian Kern nach seiner Wahlschlappe quasi über Nacht hin - und hob die propere Gesundheitsministerin auf den Parteichef-Sessel. Einer der vielen Irrtümer Kerns: Dieser Rolle war Rendi-Wagner nicht gewachsen. Und sie wuchs auch, wie wir viereinhalb Jahre später wissen, nie in diese Rolle hinein.
Schien es zunächst so, als könnte bzw. müsste sich die neue Spitzenfrau der Sozialdemokraten auf eine lange Phase in der Opposition einstellen, stand sie durch die Ibiza-bedingten Neuwahlen schon 2019 auf dem Prüfstand - und lieferte das schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten in der Zweiten Republik ab.
Was sie aber nicht den Kopf kostete. An ihrem Sessel sägte unterdessen der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil permanent. Eine von Rendi-Wagner angezettelte Mitgliederbefragung bestätigte sie 2020 mit mehr als 70 Prozent - ein passables Ergebnis. Aber ein Irrtum Rendi-Wagners, nun zu glauben, die Partei stünde hinter ihr. Dass das nur partiell der Fall war, zeigte sich ein Jahr später: ohne Gegenkandidat nur 75 Prozent der Stimmen beim Parteitag - ein Desaster. Danach noch zu bleiben - ein weiterer Irrtum.
Und dann: ein letzter Höhenflug. Vor einem Jahr kletterte die SPÖ in Umfragen trotz/mit oder vielleicht auch wegen Pamela Rendi-Wagner in Richtung 30 Prozent - überlegen an der Spitze. Doch sie konnte damit wenig oder nichts anfangen. Im ORF-Sommergespräch lieferte sie einen fatalen Schnitzer, als sie eine Asyl-Krise leugnete. Einer der vielen Irrtümer Rendi-Wagners. In den folgenden Monaten machte die ÖVP die Asylkrise zum großen Thema. Profitierte selbst nicht davon - aber die FPÖ zog an der SPÖ vorbei und liegt heute in Umfragen dort, wo vor einem Jahr Rendi-Wagner mit der SPÖ thronte.
Der „Heckenschütze aus dem Burgenland“ (Zitat Rendi-Wagner) musste nicht mehr allzu viel Kraft aufwenden, um die abstürzende Rendi-Wagner endgültig aus der Politik zu treiben. Dass ihm dabei Rendi-Erfinder Kern auch noch sekundierte: ein übler Treppenwitz der Parteigeschichte.
Rendi-Wagner war Kerns Irrtum. Die im persönlichen Gespräch sympathische, kluge, anständige Frau ist nie in der Politik, nie in der SPÖ angekommen. Sie hinterlässt einen SPÖ-Trümmerhaufen. Das freilich ist bei Weitem nicht alleine ihre Schuld. An der Zertrümmerung, an der Zerdrittelung dieser so wichtigen Partei - an der arbeiten viele interne Kräfte schon lange mit vollem Einsatz. Ob es nach Rendi-Wagner besser wird? Das müssen ihre Erfinder und Totengräber jetzt selbst beweisen!
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