Der knappe Sieg für Hans Peter Doskozil bei der Mitgliederbefragung und der Abgang von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner haben die Gemüter in der SPÖ noch nicht zur Ruhe kommen lassen - im Gegenteil. Rendi-Wagner hatte zwar bereits nach der Bekanntgabe des Ergebnisses angekündigt, beim Sonderparteitag am 3. Juni nicht anzutreten. Dort soll nun endgültig über den Vorsitz der SPÖ entschieden werden.
Hintergrund ist das Bestreben von Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler, Befragungs-Sieger Hans Peter Doskozil nicht kampflos den Weg an die Spitze zu überlassen. Doskozil hatte mit seinen 33,7 Prozent den Führungsanspruch erhoben, der überraschend auf Platz zwei gelandete Babler für eine Stichwahl per neuerlichem Mitgliederentscheid plädiert - doch das wurde vom Parteivorstand am Dienstagnachmittag abgeblockt. Mit 25:22 wurde dieser Wunsch (von Andreas Babler und der Wiener Landespartei) abgelehnt.
Doskozil sieht „Kampfabstimmung“
Babler tritt nun am Parteitag gegen Doskozil an - dort wird dann per Votum entschieden, wer die SPÖ künftig führen wird. Allerdings nicht von den einfachen Mitgliedern, sondern von den Parteitagsdelegierten. Doskozil sprach bereits von einer „Kampfabstimmung“ und sagte, er werde die Entscheidung jedenfalls akzeptieren. Er zeigte sich optimistisch, dabei siegreich hervorzugehen und auch die nächste Nationalratswahl mit der SPÖ zu gewinnen. Der Sieger müsse die Partei jedenfalls wieder einen.
Babler meinte nach der Sitzung, er hätte sich eine stärkere Einbindung der Mitglieder gewünscht. Seine Chancen geschmälert sieht er durch die Entscheidung am Parteitag jedoch nicht.
Babler: „Ja, ich will Vorsitzender werden“
Babler hatte noch am Dienstagvormittag beim Eintreffen im SPÖ-Parlamentsklub, wo Parteipräsidium und -vorstand tagten, gemeint, er wünsche sich „schnelle Einigkeit“. Genau die fehlende Einigkeit hatte Rendi-Wagner unmittelbar zuvor als Grund für ihren Rückzug genannt. Geschlossenheit sah Babler nur mit einem „klaren Votum“ mittels Stichwahl gegeben, und er bekräftigte: „Ja, ich will Vorsitzender werden.“
Wiener legen spektakuläre Kehrtwende hin
Dem Vernehmen nach hatte sich die Wiener Landesgruppe zuerst dafür ausgesprochen, den Parteitag vorerst abzusagen und stattdessen eine Mitglieder-Stichwahl durchzuführen - eine komplette Kehrtwende, hatte sie doch bisher eine Stichwahl stets abgelehnt. Die neuen Entwicklungen führten dazu, dass das Parteipräsidium zwei Stunden länger dauerte als geplant und am frühen Nachmittag ergebnislos zu Ende ging. Im weiteren Verlauf des Nachmittags fiel nun die Entscheidung im Parteivorstand.
Doskozil: Noch kein Angebot an Babler
Doskozil meinte, es sei Zeit, „persönliche Befindlichkeiten hintanzustellen“. Das Mitgliedervotum sei zu akzeptieren, bekräftigte er einmal mehr seinen Führungsanspruch. Hintertür in Richtung Babler: Das neue Spitzenteam solle „das Spektrum der Sozialdemokratie abbilden“, es gehe darum, „den Bogen nicht nur inhaltlich, sondern auch personell zu spannen“. Ein konkretes Angebot habe er Babler aber (noch?) nicht unterbreitet.
Deutsch: „Erster Schritt zur Findung“
Ebenfalls bei den brisanten Gremiensitzungen dabei: Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, der dem Lager von Rendi-Wagner angehört. Wie bereits am Vortag meinte er zur aktuellen Situation der Partei, man habe nun den „ersten Schritt zur Findung des Parteichefs“ erlebt. Der zweite folge am Parteitag.
Rendi-Wagner: „Arschknapp“
Wann auch immer dieser stattfindet, Rendi-Wagner wird sich nicht mehr den Delegierten stellen. Sie löste in ihrer Rücktrittsrede die Ankündigungen der vergangenen Wochen ein, wonach sie nicht mehr antrete, wenn sie in der Mitgliederbefragung nicht auf Platz eins komme - wie knapp das Ergebnis auch immer sein möge. Tatsächlich sei es „arschknapp“, zitierte sie ein geflügeltes Wort von Bundespräsident Alexander Van der Bellen - und verabschiedete sich mit einem Lächeln von den Medienvertretern.
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