Rettung steckte fest

Erdogan mit Wolfsgruß und „Allahu Akbar“ gefeiert

Wien
29.05.2023 19:00

29.5.2023: In der Türkei erklärt sich Recep Tayyip Erdogan zum Wahlsieger, und in Wien-Favoriten jubeln die Massen - bei der Bevölkerung sorgt das für Befremden und Angst. Nur mit Glück kam es zu keiner Tragödie: Ein Rettungsauto steckte in den Menschenmassen fest.

Als „große schwarze Wand aus Menschen“ beschreibt Kurt Tichy vom gleichnamigen bekannten Eissalon die Szenerie am Reumannplatz in Favoriten. Vor dessen Tür haben Sonntagabend Tausende junge Türken den Sieg von Machthaber Recep Tayyip Erdogan am Reumannplatz gefeiert.

Tichy: „Man konnte die Situation schwer einschätzen. Es war eine aufgeheizte Stimmung. Wir haben alle Türen verschlossen, weil auch mit Feuerwerkskörpern hantiert wurde.“ Ein anderer Unternehmer meint gegenüber der „Krone“: „Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Erdogan nicht gewonnen hätte.“

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Wir haben alle Türen verschlossen, weil auch mit Feuerwerkskörpern hantiert wurde.

(Bild: Jöchl Martin)

Eissalonbesitzer Kurt Tichy

Rettungsauto steckte fest
Die Szenerie ist auf jeden Fall befremdlich. In der Türkei verteilt der türkische Präsident Geldscheine und erklärt sich zum Wahlsieger, und rund 1600 Kilometer entfernt feiern ihn die Wiener Türken lautstark. Sie können von Glück reden, dass ihre Blockade keine Tragödie zur Folge hatte: Minutenlang war ein Rettungswagen in den Menschenmassen gefangen, der zu einem verletzten Kind in der Nähe gerufen worden war. „Wir haben uns dann den Weg durchgebahnt, es wäre aber schön gewesen, wenn man uns gleich durchgelassen hätte“, bestätigt die Wiener Berufsrettung gegenüber der „Krone“ den Vorfall. Das Kind konnte noch rechtzeitig notfallmedizinisch versorgt werden.

Hunderte Austrotürken feierten am Reumannplatz und blockierten auch eine Rettung. (Bild: zVg)
Hunderte Austrotürken feierten am Reumannplatz und blockierten auch eine Rettung.

„Haben Favoriten zum Kalifat gemacht“
Die Reaktionen der heimischen Politik fallen wenig positiv aus: Wiens Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS): „Es ist beunruhigend, dass eine große Anzahl von fast 74 Prozent der in Österreich ansässigen Türken Erdogan unterstützt. Eine solche Zustimmung zu einem Autokraten steht im klaren Gegensatz zu den Grundprinzipien einer freien demokratischen Gesellschaft, wie wir sie in Österreich leben. Straftaten müssen geahndet werden.“

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Wir werden Zeitzeugen einer weiteren Verschärfung. Parallelgesellschaften schotten sich immer mehr von der österreichischen Gesellschaft ab.

(Bild: KRONEN ZEITUNG)

Karl Mahrer, ÖVP-Landesparteiobmann

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp meint: „Die Jubelfeiern mit Muslimbrüden, Wolfsgruß und ,Allahu Akbar‘-Rufen mitten in Wien zeigen, dass dieser Teil von Wien längst aufgegeben und radikalen Migrantengruppen überlassen wurde. Die Wiener SPÖ und Bürgermeister Ludwig haben Favoriten zu einem Kalifat gemacht.“

Kein Kommentar von Bezirksvorsteher
Wir wollten dazu auch gerne mit Favoritens Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) sprechen. Doch wie schon vor knapp zwei Wochen, als wir mit ihm über aktuelle Herausforderungen bei der Integration sprechen wollten, gab es auch diesmal kein Statement aus dem Bezirk.

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Ich glaube, ich bin ein toleranter Mensch - aber sind die alle verrückt geworden? Wenn sie so eine Freude mit Erdoğan haben, warum fahren sie dann nicht zurück in die Türkei?

(Bild: Zwefo)

Roswitha S.

Eindeutiger Tenor in Straßenumfrage
Eine „Krone“-Straßenumfrage ergab ein klares Bild: Fast alle sind bereit, ein Auge zuzudrücken, wenn in ihrem Grätzel ausgelassen und lautstark gefeiert wird - doch mit dem Grund dafür zeigt sich niemand der Befragten auf dem Reumannplatz einverstanden: Kundgebungen für politische Inhalte, die nichts mit Österreich zu tun haben, haben hier auch nichts verloren, so der allgemeine Tenor.

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Leider verstehen die Menschen nichts mehr von Demokratie, egal, woher sie kommen. Aber dass so etwas wie diese Feiern passiert, ist auch Folge davon, dass diese Menschen hier nicht wählen dürfen.

(Bild: Zwefo)

René K.

Jubel für Erdoğan kommt vielen der Befragten zudem schlicht unlogisch vor: Schließlich seien es auch die Lebensumstände in der Türkei, die viele von denen, die Erdogan gefeiert haben, aus der Türkei nach Wien geführt hätten.

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