Selbst erfahrene Polit-Beobachter lässt das Hin und Her bei der Suche nach einem neuen SPÖ-Parteivorsitzenden ratlos zurück. Mit der Bekanntgabe des „falschen“ Siegers vom Sonntag ist ein neuer Chaos-Höhepunkt erreicht.
Es herrschte Begräbnisstimmung im „Roten Haus“, wie die Landesparteizentrale in Eisenstadt genannt wird. Einige Doskozil-Vertraute waren den Tränen nahe. Nur der Landesgeschäftsführer Roland Fürst zeigte Galgenhumor, fragte in die Runde der Journalisten: „Ist die ,Tagespresse‘ auch da?“ Das Online-Satireportal konnte am Montag eine Pause einlegen, denn die SPÖ lieferte einen Super-GAU, den sich nicht einmal der beste Satiriker hätte einfallen lassen können.
Montag, 15.30 Uhr: SPÖ verkündet den Super-GAU
Das verkündete Wahlergebnis des SPÖ-Parteitags ist falsch. Um 15.32 Uhr am Montagnachmittag musste die Leiterin der Wahlkommission Michaela Grubesa den fatalen Fehler zugeben. Nicht Hans Peter Doskozil ist der neue SPÖ-Parteichef – sondern Andreas Babler.
Es wird Häme und Spott geben. Aber es wird wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie geben.
Hans Peter Doskozil
Bild: APA/HANS KLAUS TECHT
Nicht Hans Peter Doskozil kam auf rund 53 Prozent der Stimmen, sondern Babler. Schlimmer geht es nimmer. Eine 19-köpfige Wahlkommission versagt, 602 Stimmzettel, die ungefähr der Größe eines Wahlsprengels entsprechen, ordnungsgemäß auszuzählen. Ausgelöst hatte die Lawine der ORF-Star-Interviewer Martin Thür, dem aufgefallen war, dass eine ungültige Stimme beim Ergebnis fehlte.
Offenbar beherrscht keiner in der Kommission die Addition. Auch wurde keine Kontrolle des Ergebnisses durchgeführt. Ein Mitarbeiter hatte das Wahlergebnis der Auszählung falsch in die Excel-Datei eingegeben. Ein absolutes Debakel für die Partei.
Kaum eine Stunde später, gegen 16.30 Uhr, trat Hans Peter Doskozil auf. In seinen schlimmsten Stunden zeigte er wahre Größe. Die Niederlage akzeptierte er mit so viel Stil, wie es nur wenige in der heimischen Politik zustande gebracht hätten. Mit ruhiger Stimme gratulierte er Babler „zum Gewinn der Wahl und zum Vorsitz der Bundespartei recht herzlich“. Seine eigenen Ambitionen erklärte Doskozil für beendet, er wolle auch keinen neuerlichen Sonderparteitag: „Für mich ist das Kapitel Bundespolitik damit ein für alle Mal abgeschlossen.“
Babler lässt nochmals Wahlzettel auszählen
Er appellierte an seine Fans, den neuen Parteichef zu unterstützen. „Es wird Häme geben, es wird Spott geben, aber es wird wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie geben“, zeigte er sich nach knapp 48 Stunden, in denen er sich fälschlicherweise als SPÖ-Vorsitzender gewähnt hatte, überzeugt.
Ich möchte mich für das Bild, das Teile unseres Apparats abgegeben haben, aus tiefstem Herzen entschuldigen.
Andreas Babler
Bild: APA/Georg Hochmuth
Seither steht die SPÖ kopf. Babler traute sich noch nicht, den Wahlsieg anzunehmen. Er gab der Wahlkommission den Auftrag, die Stimmen nochmals auszuzählen. Der Traiskirchner Bürgermeister sprach von einem „Tiefpunkt“. Dieser sei nicht nur für Doskozil schmerzhaft, sondern für die ganze Partei. Das Geschehen sei nicht zu rechtfertigen: „Ich möchte mich für das Bild, das Teile unseres Apparats abgegeben haben, aus tiefstem Herzen entschuldigen.“ Ein Kniefall, der notwendig ist.
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