Es zählt zum Wesen der Politik, dass bei größeren Pleiten große Reden geschwungen werden. Mitunter wird auch die (Mit-)Verantwortung hin- und hergeschoben. Das zeigt sich etwa am Beispiel Kika/Leiner, jener traditionsreichen Möbelkette, die der Kaufhausjongleur René Benko erst kürzlich weiterreichte, um sich offenbar die dringend notwendige Sanierung zu ersparen. Kommenden Dienstag soll über Kika/Leiner die Insolvenz eröffnet werden.
Der neue SPÖ-Frontmann Andreas Babler hatte am Dienstag in seiner ersten offiziellen Rede als SPÖ-Vorsitzender auch die aktuell brisanteste Wirtschaftscausa angesprochen: Bekanntlich würden 1900 Mitarbeiter des „Kurz-Freundes Benko“, wie Babler den Unternehmer nannte, ihre Jobs verlieren. „Auch diese Mitarbeiter sind keine Bittsteller“, betonte Babler.
„Wer hat uns verraten?“
Der Konter der ÖVP erfolgte prompt. Am Mittwoch setzte die Regierungspartei auf dem Kurznachrichtendienst Twitter die Nachricht ab: „VP-General Stocker: Babler soll bitte dringend wegen Kika/Leiner mit seinem Genossen und Vorgänger als SPÖ-Chef Gusenbauer reden, der Beirat von Benkos Signa-Holding und Aufsichtsrat mehrerer Signa-Firmen ist!“ Garniert wurde das Posting (siehe unten) mit einem alten kommunistischen Slogan: „Klar ist wie immer: Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten.“
Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Zum einen war es Kurz, der als Kanzler im Juni 2018 bei der Übernahme von Kika/Leiner durch Benko mitmischte, um angeblich „5000 Arbeitsplätze zu sichern“. Zum anderen sollen die engen Bande zwischen Benko und dem 36-jährigen Altkanzler nach wie vor bestehen. Die „Krone“ empfiehlt der ÖVP jedenfalls, im neuen Kurz-Büro an der Wiener Ringstraße nachzufragen: Wie oft waren Benko und Kurz in den letzten Monaten geschäftlich unterwegs? Und ist es korrekt, dass Kurz nicht immer Linie flog, sondern auch im luxuriösen Signa-Jet des Tirolers Platz nehmen durfte?
Übrigens: Alfred Gusenbauer nimmt sowohl bei Signa als auch bei der Strabag als Präsident wesentliche Aufsichtsratsfunktionen wahr. Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner ist maßgeblicher Signa-Investor. Als entscheidender Signa-Geldgeber gilt in Österreich die Raiffeisen-Bankengruppe, die der Signa-Gruppe laut „Spiegel“ in Summe etwa zwei Milliarden Euro geborgt haben soll. Zum Raiffeisen-Reich gehören auch Medienbeteiligungen, wie etwa der Kurier.
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