Der traditionelle Almauftrieb von 700 Schafen und Lämmern in Haus im Ennstal war in diesem Jahr überschattet durch die Sorge vor dem Wolf. Aber ist das bei nur zwei Rissen im Vorjahr berechtigt? Die Emotionen kochen hoch.
Zum dritten Mal zog Hirte Bastian am Freitag bergan, auf 2020 Meter Seehöhe, mit der Wienerin Lena und Hütehund „Jimmy“ als Partner - und erst im September wird es für das Trio wieder runter ins Tal gehen. Die oberste Maxime des versierten Hirten: „Ich will auch heuer wieder unbedingt alle 700 Schafe im Herbst sicher und gesund heimbringen.“
Seine größte Sorge: „Die ,Moderhinke‘, eine Klauenerkrankung.“ Keine Angst vorm Wolf? „Um uns gar nicht, auch von den Schafen halten die sich ja fern, wenn Menschen in der Nähe sind.“ Freilich: „Die Sorgen der Bauern verstehe ich.“
Breite Allianz gegen den Wolf
Seit 2008 gibt es das „Ennstaler Almlämmerprojekt“ am Hauser Kaibling, der Unterschied zum diesjährigen Auftrieb: Diesmal hat sich dafür eine breite Allianz eingestellt. Vom Bauernvertreter Franz Titschenbacher über den Bürgermeister bis hin zu Touristikern, Toni Hafellner (Almwirtschaftsverein) und Bernhard Tasotti vom Schaf- und Ziegenzuchtverband. Eine massive Front - gegen den Wolf.
Als wortgewaltige Unterstützung ist Gerhard Fallent vom Verein Wolfsstopp aus dem Waldviertel angereist. Der ein Katastrophenszenario aufzeigt. Von Schlachtfeldern auf der Weide spricht, nachdem der Wolf gewütet hat, Menschen, die sich nicht mehr in den Wald trauten, Kindern, die nicht mehr draußen spielen dürften.
Nur zwei nachgewiesene Wolfsrisse 2022
Davon ist man in der Steiermark mit zwei nachgewiesenen Wolfsrissen im Vorjahr (zum Vergleich: 174 gab es durch Hunde) zwar weit entfernt. Aber, so die Experten: „Wir müssen dieser Gefahr entgegentreten, bevor solche Situationen entstehen. Das kann sehr schnell gehen.“
Die große Angst der Landwirte
Es ginge dabei nicht „nur“ um entsetzlich zugerichtete Schafe und traumatisierte tierische Artgenossen als Augenzeugen oder um Tiere, die in Panik flüchten und abstürzen. Das wäre viel zu kurz gegriffen. Es ginge um die Angst der Landwirte, die dazu führen würde, dass nicht mehr aufgetrieben wird; zwei Ennstaler Schafbauern hätten heuer bereits so entschieden. Die Folgen: Verwilderungen der Almen, viel höhere Kosten, wenn man sie ohne die fleißigen tierischen Grasfresser „in Schuss“ halten müsse, Veränderung der Landschaft, touristische Einbußen.
Die Forderungen dieser Allianz: Als Sofort-Schritt die rechtlichen Grundlagen dafür, Wölfe, die gerissen hätten, abschießen zu dürfen. Und weiters auf EU-Ebene: die ganzjährige Bejagung des (derzeit streng geschützten) Wolfes. Tenor: „Es gibt schon 20.000 Wölfe und daher keine Notwendigkeit mehr, sie noch zu schützen.“
Wir schauen einem winzigen Lämmchen nach, das mit fröhlichem Blöken der Mama hinterher springt. Wir hoffen sehr, dass es gesund und munter im Herbst wieder ins Tal kommt.
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