951 Pädagogen fehlen

Lehrermangel an den Mittelschulen nimmt rasant zu

Politik & Wirtschaft
27.06.2023 11:59

An Oberösterreichs Neuen Mittelschulen der 10- bis 14-Jährigen nimmt der Mangel an Lehrkräften rasant zu, zeigen die neuesten Zahlen von Bildungslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP). Insgesamt 951,4 Vollzeitkräfte fehlen - rein rechnerisch - landesweit, das sind 347,7 mehr als vor einem Jahr. Der Höhepunkt an Pensionierungen ist aber noch nicht erreicht. Haberlander betont aber auch den noch immer erfreulich starken Zustrom in den Lehrberuf. 

Exemplarisch lässt sich der wachsende Lehrkräftemangel am so wichtigen Hauptfach Deutsch festmachen. „Wie viele Schulstunden werden im Unterrichtsfach „Deutsch“ in den Mittelschulen von nicht entsprechend ausgebildeten und geprüften Deutschlehrkräften unterrichtet?“, wollte die SPÖ von Haberlander wissen. 2071,6 Wochenstunden waren es laut Anfragebeantwortung vom 5. September 2022, das waren damals 13,6 Prozent der Gesamtwochenstunden. Diese Zahlen haben sich seither krass verschärft. Laut Anfragebeantwortung mit Datum heute (27. Juni 2023) sind es schon 2980,5 Wochenstunden, das sind 19,83 Prozent. Das heißt, schon jede fünfte Deutschsstunde an Oberösterreichs Mittelschulen wird von einer dafür nicht ausgebildeten (ohne dafür abgelegte Lehramtsprüfung) Lehrkraft erbracht.

Bedarf gibt es in praktisch allen Fächern
Aber Deutsch ist nicht das einzige „Mangelfach“. Auf die SPÖ-Frage, „In welchen Schulfächern und welchen Schultypen herrscht in Oberösterreich ein Mangel an entsprechend ausgebildeten und geprüften Lehrkräften?“ so lautet die Antwort jetzt genauso wie zu Schulbeginn: „Derzeit gibt es einen Bedarf in den Gegenständen Deutsch, Englisch, Mathematik, Bewegung und Sport, Informatik/Digitale Grundbildung, Physik sowie Chemie.“

Aktuell fehlen schon 135,5 Deutschlehrkräfte
Bleiben wir bei Deutsch. „Wieviele zusätzliche Vollzeit-Deutschlehrkräfte für Mittelschulen wären notwendig, um den aktuell bestehenden Bedarf abzudecken“, fragte die SPÖ auch. Nach neuem Dienstrecht wären mit Antwortstand 5. September 2022 rein rechnerisch 94,4 Kräfte für dieses Hauptfach zusätzlich notwendig gewesen, um 27 mehr als im Jahr davor. Aktuell fehlen schon 135,5 Deutschlehrkräfte. „Rein rechnerisch“ bedeutet, was der Fall wäre, wenn es die Pflicht für Lehrkräfte nicht gäbe, auch in fachfremden Fächern zu unterrichten.

Zitat Icon

„Der Lehrkräftemangel ist kein oberösterreichisches oder österreichisches Problem, sondern eine in sehr weiten Teilen Europas vorhandene Herausforderung.“

Bildungslandesrätin Christine Haberlander, ÖVP

Lehrkräftemangel geht quer durch
Und in den anderen Fächern? In Chemie werden schon 41,3 Prozent der 949,7 Gesamtwochenstunden von dafür nicht entsprechend ausgebildeten und geprüften Lehrkräften unterrichtet, 17,9 Vollzeitkräfte fehlen, rein rechnerisch, wie gesagt. In Physik sind‘s 43,46 Prozent von 2680,8 Gesamtwochenstunden, 47 Vollzeitkräfte fehlen. In Informatik und dem im Schuljahr 2022/23 neuen Pflichtgegenstand „Digitale Grundbildung“ wurden 78,2 Prozent von 2680,8 Wochenstunden fachfremd unterrichtet, 95,2 Vollzeitkräfte fehlen. Bewegung und Sport: 41,38 Prozent von 10.904 Gesamtwochenstunden fachfremd, 205,1 Vollzeitkräfte fehlen. Englisch: 10,75 Prozent von 14.777,4 Wochenstunden fachfremd (also auch ziemlich sprachfremd?); 72,4 Vollzeitkräfte fehlen. Mathematik: 13,88 Prozent von 15.192,5 Gesamtwochenstunden fachfremd, 95,8 fehlende Kräfte. In sonstigen Mittelschul-Fächern fehlen insgesamt 282,6 Vollzeitkräfte oberösterreichweit, doppelt so viele wie ein Jahr davor!

Es gibt aber auch viele Neuanstellungen
Bildungslandesrätin LH-Vize Christine Haberlander verweist darauf, dass der Lehrberuf immer noch ein sehr attraktiver Beruf sei und auch viel Nachwuchs anziehe: „Im aktuellen Schuljahr wurden in Oberösterreich bereits 1.022 Neulehrerinnen und Neulehrer im Pflichtschulbereich angestellt sowie 463 Lehrkräfte an Bundesschulen“, gab sie Anfang Februar an. „Wir sind auch weiterhin auf der Suche nach motivierten und engagierten Männern und Frauen, die Pädagoginnen oder Pädagogen werden wollen, in den Schulen aber auch in den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen“, so Bildungsdirektor Alfred Klampfer damals.

Erste Reaktion aus dem SPÖ-Landtagsklub
Aus dem SPÖ-Landtagsklub, wo bisher die schriftliche Anfragebeantwortung noch nicht eingetroffen ist, meldet sich Bildungssprecherin Doris Margreiter. Sie spricht - auf Basis der von der „Krone“ veröffentlichten Zahlen - von einer „vernichtenden Bilanz“. Sie verweist darauf, dass angehende Lehrerinnen und Lehrer das Lehramt für zentrale Pflichtfächer - wie eben Deutsch/Germanistik - in Oberösterreich nicht studieren könnten und nach Salzburg ausweichen müssten. „Das zu ändern, hat man verabsäumt. So wird man den zunehmenden Mangel an Lehrkräften nicht in den Griff bekommen!“

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