Der Zustand der türkis-grünen Koalition war am Dienstagabend Thema im „ZiB 2“-Interview mit Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer. Es ging unter anderem um schleppende Reformen bzw. offene Konflikte bei den Themen Arbeitsmarkt, Transparenz und Klima. Dem Koalitionspartner unterstellte sie teils „Schikane“.
Jüngstes Beispiel: Arbeitsminister Martin Kocher verfügte am Montag im Alleingang Verschärfungen am Arbeitsmarkt. Konkret sollen Arbeitslose, die geringfügig dazuverdienen, künftig mit verstärkten Kontrollen und Sanktionen rascher in Jobs über der Geringfügigkeitsgrenze vermittelt werden können. Da die Grünen hier nicht mitziehen wollten, setzte der ÖVP-Mann das Vorhaben mittels Erlasses um.
„Kocher will Schlagzeilen produzieren“
Maurer meinte am Dienstag, Kocher könne diesen Erlass durchaus alleine machen. „Ein Teil ist durchaus begrüßenswert“, sprach sie etwa die Situation in der Gastronomie an, in der durch zahlreiche geringfügig Beschäftigte auch der Sozialmissbrauch grassiere. „Den anderen Teil halten wir für eine Schikane“, zumal Geringfügige „ganz oft Alleinerzieher“ oder etwa Menschen mit Beeinträchtigungen seien. „Kocher will Schlagzeilen produzieren, es wird in der Realität aber wenig Konsequenzen haben.“
„... dass ich wieder hier sitze und sagen muss, es wird bald kommen“
Richtig emotional wurde es beim Thema Transparenz - Stichwort: Amtsgeheimnis, dessen Abschaffung nahezu seit Beginn der türkis-grünen Koalition im Jahr 2020 in der Schwebe hängt. „Es zipft mich selber schon an, dass ich wieder hier sitze und wieder sagen muss, es wird bald kommen“, sagte Maurer, die die türkise Verfassungsministerin Karoline Edtstadler in der Pflicht sieht. „Wir sind das einzige Land in Europa, wo es das Amtsgeheimnis noch gibt“, beklagte Maurer den Widerstand von Ländern und Gemeinden. Edtstadler sei „mit Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen beschäftigt“.
Immerhin sah Maurer erste Erfolge, etwa beim Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer. „Wir waren noch nie so weit wie jetzt, ich bin voller Zuversicht.“ Garantieren wollte sie eine Umsetzung allerdings nicht, „wir brauchen auch eine Zweidrittelmehrheit“. Auf 80 Prozent schätzte sie die Wahrscheinlichkeit, dass das zugrunde liegende Informationsfreiheitsgesetz noch kommt. Beim zweiten umstrittenen Justiz-Thema, der von den Grünen gewünschten Generalstaatsanwaltschaft, sehe es weit schlechter aus: Die Positionen seien „deutlich weiter auseinander“, auch mit der Opposition.
„Dass es nicht einfach wird, war von Beginn an klar“
Auf die Anmerkung, dass die Beliebtheitswerte von Türkis-Grün im freien Fall seien, meinte Maurer: „Dass diese Koalition nicht einfach wird, war von Beginn an klar.“ Es handle sich um zwei „extrem unterschiedliche Parteien mit extrem unterschiedlichen Positionen“. Ihr Ziel sei es weiterhin, „so viele grüne Positionen wie möglich umzusetzen“, insbesondere im Klimabereich - „weil wir diese Republik verändern wollen, weil wir überzeugt sind, dass das wichtig ist, was wir tun“. Sie sah die Grünen auch als Anker der Stabilität: Parteichef Werner Kogler „ist immer noch Vizekanzler“, während Karl Nehammer schon der dritte ÖVP-Kanzler in dieser Periode sei.
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