Faymann erklärte, dass es noch mehr brauche als die jüngsten Beschlüsse, um die Euro-Zone zu konsolidieren - die Vereinbarungen würden aber immerhin für mehr Stabilität sorgen. Um Situationen wie die derzeitige zu verhindern, gebe es für die Zukunft Regelwerke wie die Schuldenbremse, die ernst genommen und überprüft würden. Das diene dem Ziel, stark genug zu sein, um sich vor den Fängen der Finanzmärkte zu schützen.
Faymann: "Werden nicht aus EU austreten"
Vehement wandte sich Faymann neuerlich gegen Bestrebungen, aus der EU oder der Euro-Zone auszutreten. Die Frage sei, ob man die Zusammenarbeit stärken wolle oder ein Konzept verfolge, die Euro-Zone zu begraben: "Wir haben tatsächlich die Wahl: Zerstören wir die EU, die Euro-Zone, oder unternehmen wir alles, um ein Fundament zu bilden für ein gemeinsames Europa?" Die Antwort gab sich der Kanzler gleich selbst: "Wir werden die Europäische Union weder zerreißen noch aus ihr austreten."
Den Verteidiger der Gipfelergebnisse gab auch Vizekanzler Michael Spindelegger, wenngleich er sich damit unzufrieden zeigte, dass die Linie immer nur von Deutschland und Frankreich vorgegeben werde: "Das kann nicht im Interesse eines gemeinsamen Europas sein." Trotzdem ist Spindelegger bei den Brüsseler Beschlüssen mit dabei - vor allem die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung hat es ihm angetan, denn das Krankheitsbild aller heiße "Überschuldung". Und es gebe keine Dauerkarte für den Klub der Triple-A-Staaten, sondern eine jährliche Mitgliedsgebühr.
Spindelegger: In Triple-A-Causa "treibt man keine Spielchen"
Daher gehe kein Weg an einer Schuldenbremse in der Verfassung vorbei: "Wenn das Triple-A am Spiel steht, treibt man keine Spielchen", forderte er "alle Parteien" zur Zustimmung auf. Mit einem ausgeglichenen Haushalt würde man auch unabhängiger von Ratingagenturen, argumentierte der Vizekanzler. Derzeit sei man nur aus der Notfallchirurgie entlassen, die Genesung habe man aber noch nicht erreicht.
Von der EU selbst forderte der Außenminister Reformen. Neuerlich sprach er sich für eine personelle Beschränkung der Kommission über ein Rotationsmodell aus, durch das auch Österreich nicht mehr automatisch ein Kommissar zustehen würde. Zudem sollten die Verfahren vereinfacht werden. Es dauere zu lange, um in der Union zu Entscheidungen zu kommen. Spindelegger warb zudem neuerlich für einen EU-Beitritt Serbiens.
Strache: Faymann ein "Schweige- und Ausgrenzungskanzler"
Nach den Ausführungen von Faymann und Spindelegger warf FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dem Kanzler vor, in Brüssel zu schweigen, wenn es um österreichische Interessen gehe. Die Bezeichnung "Schweigekanzler", mit der Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel bedacht worden war, sei daher auch auf den aktuellen Kanzler anzuwenden.
Strache beschwerte sich auch über die Weigerung Faymanns, mit der FPÖ über die Schuldenbremse überhaupt zu verhandeln. Deshalb sei er auch ein "Ausgrenzungskanzler, weil Sie meinen, das eigene Volk in Entscheidungsprozesse nicht einbinden zu wollen", sagte Strache mit Verweis darauf, dass Faymann eine - von der FPÖ geforderte - Volksabstimmung über den Euro-Rettungsschirm als nicht notwendig erachtet. Den Vorwurf, dass die FPÖ einen Austritt aus der Eurozone oder der EU anstrebe, bestritt Strache vehement: "Keiner sagt, dass es um einen Austritt geht."
Bucher: "Haben klare Vorstellungen - im Gegensatz zur ÖVP"
Auch BZÖ-Obmann Josef Bucher nahm die Sitzung zum Anlass, erneut auf seine Bedingungen zu einem orangen Ja zur Schuldenbremse zu pochen. "Wir haben klare Vorstellungen - im Gegensatz zur ÖVP", sagte er mit Blick auf die BZÖ-Forderung nach Sanktionen bei Nicht-Einhalten der Defizit-Regeln. In Richtung SPÖ sagte er, wenn diese gegen das vom BZÖ geforderte Abgabenlimit sei, "dann sind Sie für Steuererhöhungen". Die Regierung solle lieber "den Weg der Reformen" gehen.
Kritik übte Bucher an der EU-Erklärung der Regierungsspitze - einzige Botschaft sei, weiterhin das Steuergeld "den Menschen aus der Tasche zu ziehen und den Pleitestaaten und maroden Banken hinterherzuwerfen."
Glawischnig: Bilanz der Krisen-Bewältigung "sehr ernüchternd"
Kritik kam auch von der Klubchefin der Grünen, Eva Glawischnig. Die Bilanz der bisherigen Krisen-Bewältigung auf EU-Ebene sei "sehr ernüchternd". Seit drei Jahren warte man auf eine nachhaltige Lösung für eine Regulierung der Finanzmärkte oder auf ein Vorantreiben der Finanztransaktionssteuer. Im Gegensatz dazu seien die Regierungen aber ausschließlich auf Sparpolitik konzentriert, die die Krise nur verstärkt habe. Mit dem jetzigen Gipfel sei diese "einseitige Orientierung" noch verschärft worden.
Glawischnig kritisierte auch die Entscheidungsfindung auf EU-Ebene, diese würde an den nationalen Parlamenten verbeigehen. Die Grünen würden der Regierung jedenfalls nicht mehr die Mauer machen, sagte sie mit Blick auf die Schuldenbremse und die Grüne Forderung nach Vermögenssteuern.
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