„Inflationäre Vergabe“

Sind Ehrenorden wichtig oder längst überholt?

Oberösterreich
10.07.2023 09:00

Auch bei Gold gibt es Inflation, zumindest im Bereich der Landesauszeichnungen in Oberösterreich, deren „inflationäre“ Vergabe NEOS-Chef Felix Eypeltauer bekrittelt. 83 Verleihungsfeiern gab es schon in LH Thomas Stelzers im April 2017 begonnener Amtszeit - die Kosten dafür liegen im sechsstelligen Bereich.

NEOES-Klubobmann Felix Eypeltauer, selber offenbar noch nie in den Genuss - oder die Verlegenheit - einer Ehrung gekommen, beklagt den „inflationären Umgang der oö. Landesregierung mit Orden, Ehrungen und Auszeichnungen“ sowie „die elendslangen Ehrungslisten“. Was kostete denn dieser kritisierte Ehrungs-Betrieb überhaupt? Das wollte Eypeltauer mit Klubkollegin Julia Bammer bei LH Thomas Stelzer (ÖVP) per Landtagsanfrage ergründen. Am Montag werden die Antworten versandt, die „Krone“ kennt sie schon vorab.

NEOS-Sprecher Felix Eypeltauer bei einer mündlichen Anfrage im oö. Landtag. (Bild: © Harald Dostal / 2023)
NEOS-Sprecher Felix Eypeltauer bei einer mündlichen Anfrage im oö. Landtag.

Heuer sind 30.402 € vorgesehen
ÖVP-Politiker Thomas Stelzer ist seit April 2017 Landeshauptmann von Oberösterreich. Seit 1. April 2017 fanden 83 Veranstaltungen für Verleihungen von Ehrungen des Landes Oberösterreich statt, teilt er den anfragenden NEOS mit. Die wollten auch wissen: „Wie hoch beliefen sich die Kosten (Saalmieten, Bewirtung, etc.) dafür? Es waren bisher etwa 400.000 Euro, nämlich exakt 393.159,53 Euro in der Zeit von 1. April 2017 bis 25. Mai 2023. Für das heurige Jahr sind im Landesbudget 30.402 Euro dafür vorgesehen. 

Da strahlt das Gold... (Bild: Land OÖ/ Peter C.Mayr)
Da strahlt das Gold...

Und wie oft wurden denn seit April 2017 die Ehrenzeichen in den sieben Ordenskategorien verliehen? Beginnen wir von unten und gehen wir dann stufenweise nach oben: Es waren 254 „Verdienstmedaillen“, 101 „Silberne Verdienstzeichen“, 177 „Goldene Verdienstzeichen“, 49 „Silberne Ehrenzeichen“, 56 „Goldene Ehrenzeichen“, 12 „Große Ehrenzeichen“ und bisher nur 2 „Große Goldene Ehenzeichen“. Das eine wurde jüngst an „unseren“ Nobelpreisträger Anton Zeilinger verliehen. Das zweite war sozusagen intern, Stelzer verlieh es im Februar 2018 an seinen Vorgänger LH a. D. Josef Pühringer.

Am 28. Juni ehrte LH Thomas Stelzer den Nobelpreisträger Anton Zeilinger mit der allerhöchsten Landesauszeichnung. (Bild: Land OÖ/Max Mayrhofer)
Am 28. Juni ehrte LH Thomas Stelzer den Nobelpreisträger Anton Zeilinger mit der allerhöchsten Landesauszeichnung.

Mehr als 20.000 Feuerwehrmedaillen
Daneben gibt es noch diverse Medaillen, Sparten-Auszeichnungen könnte man sagen. Darunter sind zum Beispiel 25 Lebensrettungsmedaillen, die also vergleichsweise selten sind. Am oberen Ende findet man 1473 Sportehrenzeichen des Landes OÖ und 20.487 Feuerwehr-Dienstmedaillen.

Auf Online-Flohmärkten verscherbelt
Dieser inflationäre Umgang sorge nur dafür, dass die Ehrungen in der öffentlichen Wahrnehmung ohnehin kaum mehr Wert hätten und Orden sogar auf Online-Flohmärkten verscherbelt würden, moniert NEOS-Politiker Felix Eypeltauer. 

Zitat Icon

„Dieses Ordenverschleudern muss ein Ende haben. Entweder das Land beschränkt seine Ehrungen auf besonders herausragende Verdienste, gerade auch außerhalb der Politik, oder wir sparen diese Ehrungen und Zeremonien ein.“

Felix Eypeltauer, NEOS

Zeichen von Wertschätzung und Dank
Landeshauptmann Stelzer sieht das ganz anders: Auszeichnungen und Ehrenzeichen des Landes Oberösterreich seien ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung und Dankbarkeit für besondere Leistungen in den unterschiedlichsten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in und für unser Bundesland, vor allem auch im ehrenamtlichen Bereich.

Zitat Icon

„Eine Kultur der Anerkennung und des Miteinanders ist uns in Oberöstereich wichtig.“

LH Thomas Stelzer, ÖVP

Bisher wurde kein Orden aberkannt
Dem Land Oberösterreich sei bekannt, dass Ehrenzeichen und Auszeichnungen des Landes Oberösterreich auf den einschlägigen Online-Plattformen regelmäßig käuflich zu erstehen seien. Hat das irgendwelche Konsequenzen? Zu Lebzeiten des Geehrten darf kein Ehrenzeichen verkauft werden. Nach dem Ableben der bzw. des Ausgezeichneten ist Eigentumsübertragung am Landesorden aber möglich. Und wir auch mal eine Auszeichnung nachträglich aberkannt? Seit April 2017 war das bisher nicht der Fall.

Wie „Krone“-Redakteure darüber denken

PRO: Erinnerungen an Papas Ehrung
Als Kind bin ich gerne beim „Mohnstrudellauf“ mitgelaufen, ein Mini-Marathon, als „Medaille“ gab es ein Keli und einen Kuchen. Ja, für alle Kinder das Gleiche. Ich habe mich gefreut und mein Papa war stolz auf mich, dass ich mitgemacht habe. Und als mein Vater ein Ehrenzeichen des Landes bekommen hat, hat er sich auch gefreut, obwohl er gewusst hat, dass das Land OÖ diese Anerkennung tausendfach verteilt. Aber es war ein schöner Empfang mit gutem Essen im Landhaus, wir als Familie waren mit dabei. An dem Tag waren wir echt stolz auf den Papa. Das hat ihn glücklich gemacht. Und das ist es, was zählt und bleibt!

KONTRA: Kommt Zeit, kommt Orden
Natürlich sind Orden, Ehrenzeichen und Medaillen für einen jeden, der sie bekommt, eine schöne Sache, eine sichtbare Anerkennung. Eine Medaille, die man sich daheim aufs Kastl oder in den Schrank legt. Man darf sich aber schon auch die Frage stellen, ob man diese Anerkennungen nicht inflationär verleiht. Denn damit werden die Auszeichnungen beliebig. Ein Stinkefinger zeigender Ex-Politiker bekommt sie ebenso, wie Mitglieder der Hilfsorganisationen, die Leben retten. Man muss nur lang genug in der Politik, einem Verein oder der Feuerwehr sein, um sie zu erhalten. Echte Anerkennung sieht anders aus.

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