Im Juli 1948 kam das Ausseerland, das in der NS-Zeit in den Gau Oberdonau eingegliedert wurde, von Oberösterreich zurück - und vor genau 78 Jahren übergab die Rote Armee die Steiermark an die Briten.
Richtig verschnupft war man im Ausseerland anno 2011, als die Landesregierung das Aus für die Expositur Bad Aussee der BH Liezen beschloss - und damit den Ausseern auch ihr geliebtes Autokennzeichen „BA“ wegnahm. Bevor man sich das Liezener Taferl „LI“ aufzwingen lassen würde, würde man sogar das Gmundner („GM“) aus Oberösterreich nehmen, ätzten einige Ausseer. Damals im Fadenkreuz: Franz Voves. Die Trommelweiber entzogen dem Landeschef die Mitgliedschaft - was der Aberkennung einer Ehrenbürgerschaft gleichkam. Ja, und manche dachten sogar laut über eine Rückkehr zu Oberösterreich nach.
Denn das Ausseerland gehörte im 20. Jahrhundert rund zehn Jahre lang zu unserem Nachbarbundesland: Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Region in die Verwaltungseinheit Reichsgau Oberdonau ausgegliedert. Die Umsetzung erfolgte im Jahr 1939, in diesem Jahr kamen die Gemeinden Pichl und Mitterndorf weg.
Ausseerland wurde vor 75 Jahren rückgegliedert
„Nach Kriegsende dauerte es noch drei Jahre, bis die Grenzen wieder wie vor 1938 hergestellt wurden“, erklärt Barbara Stelzl-Marx, Professorin für Zeitgeschichte an der Uni Graz. Im Juli 1948, also genau vor 75 Jahren, kam Aussee wieder zurück zur Steiermark. Was auch Änderungen in der Besatzungszone zur Folge hatte. Oberösterreich war von den Amerikanern besetzt, mit der Wiedereingliederung des steirischen Salzkammerguts in die Grüne Mark waren von nun an die Briten die neuen „Herren“.
Stichwort Besatzung: Es war der 23. Juli 1945, heute vor 78 Jahren, als ein Zonentausch in der Steiermark vollzogen wurde. Die Rote Armee zog ab, die Briten rückten heran. Spulen wir aber noch einmal zurück zur sowjetischen Besatzungszeit in Graz.
Sowjets übersetzten die Grazer NS-Stadtpläne
Sogar die damalige Adolf-Hitler-Straße, die heutige Kärntner Straße im Bezirk Straßgang, bekam eine Transliteration, also Übertragung, in kyrillische Schrift. Der sowjetische Stadtkommandant von Graz hatte vermutlich Übersetzer aus dem Soldaten-Umfeld rekrutieren lassen, die viele Stadtpläne aus der NS-Zeit für die neuen „Chefs“ der Landeshauptstadt les- und brauchbar machten.
Denn in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 waren die Befürchtungen vieler Grazerinnen und Grazer Wirklichkeit geworden: Die Murmetropole kam kampflos in die Hände der Roten Armee, die Bevölkerung hatte vergeblich gehofft, gleich von den Briten besetzt zu werden. Elf Wochen lang leuchtete der „Rote Stern“ also über dem Grazer Firmament. Eine schlimme Erfahrung für viele ohnehin schon vom Krieg traumatisierte Menschen. Plünderungen, Übergriffe und Vergewaltigungen sind dokumentiert. Erfahrungen, welche die meisten ihr Leben lang nicht vergessen sollten.
Aber die Sowjet-Besatzung in Graz verbanden einige nicht nur mit negativen Eindrücken, wie Barbara Stelzl-Marx von Zeitzeugen erfahren hat. Die Leiterin des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung betreut aktuell ein Forschungsprojekt zu jener Zeit und führt Interviews mit damals Betroffenen. „Ein Zeitzeuge hat uns erzählt, dass sowjetische Soldaten ihn und andere Kinder auf einen Panzer gesetzt haben und eine Stadtrundfahrt durch Graz gemacht haben.“
Schottenröcke und Dudelsack
Als am 24. Juli 1945 lange Militärfahrzeug-Kolonnen der 46. Infanterie-Division der 8. britischen Armee in Graz einfuhren, säumten Hunderte Schaulustige die Straßen. „Die Menschen staunten über Soldaten im Schottenrock, die Dudelsack spielten“, berichtet Stelzl-Marx. Das britische Kommando bezog im Grazer Rathaus Stellung.
Das Ludwig-Boltzmann-Institut sucht nach Unterlagen und Fotos zu Graz vom Kriegsende bis Ende Juli 1945. Kontakt: 0664/52711 25 oder bik-graz@bik.ac.at
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