Die türkis-grüne Bundesregierung verspricht als Maßnahme gegen die Probleme im Gesundheitsbereich 100 neue Kassenarztstellen bis Jahresende. Zudem soll ein Start-Bonus von bis zu 100.000 Euro für die Ausstattung der Kassenstellen eingeführt werden. Während die Opposition kein gutes Haar an den Plänen lässt, sieht die Ärztekammer darin einen „guten Schritt“.
Als einen ersten guten Schritt in die richtige Richtung sieht Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, die von der Regierung vorgestellten Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. „Es zeigt zumindest, dass die Regierung den Ernst der Lage erkennt. Wir warnen aber davor zu glauben, dass mit Geld alles geregelt werden kann“, mahnt Schlögel.
Ärztekammer fordert weitere Schritte
So müssten für die Attraktivierung der Kassenmedizin weitere Schritte gesetzt werden: Flexiblere Verträge, ein einheitlicher Leistungskatalog und eine bessere Honorierung der Gesprächsmedizin seien ebenso wichtig.
„Ärzte als Leistungserbringer im Gesundheitsbereich müssen unbedingt besser in die Entscheidungen eingebunden werden. Nur so können Reformen erfolgreich gestaltet werden. Der Dialog mit der Ärztekammer sollte deutlich intensiviert werden.
Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer
Bild: Bernhard Noll / NÖÄK
Zudem seien die genannten Fachgebiete - Allgemeinmedizin, Gynäkologie sowie Kinder- und Jugendheilkunde - nicht die einzigen, in denen es aktuell Besetzungsprobleme gäbe.
Politologin sieht „Lebenszeichen“ der Regierung
Ein „Lebenszeichen“ der Bundesregierung sieht Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. „Inhaltlich ist es ein gemeinsames Paketchen, von dem sich erst zeigen wird, ob es auch ausreicht. Politisch war es ein deutliches Lebenszeichen, Kanzler und Vizekanzler zum ersten Mal seit Langem wieder Seite an Seite zu sehen.“
Gut gewählt war laut der Politologin auch das Bundeskanzleramt als Ort des Treffens. Damit habe man weniger auf Inszenierung gesetzt und dafür umso mehr gezeigt, dass man für das Land arbeiten möchte.
FPÖ: „Schwere Arbeitsverweigerung“
Für die Oppositionsparteien sind die Ergebnisse des Sommerministerrats überschaubar. Der freiheitliche Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak attestiert der türkis-grünen Regierung in Sachen Gesundheitsreform „schiere Arbeitsverweigerung“. Das am Dienstag Präsentierte sei „an Oberflächlichkeit nicht zu überbieten“, so Kaniak, der wissen will, wie die zusätzlichen 100 Kassenarztstellen besetzt werden sollen, „wenn das ‘Projekt Kassenarzt‘ weiterhin unverändert und unattraktiv bleibt“.
Das Ergebnis des Sommerministerrats ist kein ,Fünf-Punkte-Plan‘, sondern ist ein ‚glattes Nichtgenügend-Setzen‘.
FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak
SPÖ: „Nullnummer gegen die Teuerung“
Und auch SPÖ-Klubobmann Philip Kucher zeigt sich von der „Nullnummer gegen die Teuerung“ und dem „Trostpflaster für die Gesundheit“ enttäuscht. Wer glaube, der Zwei-Klassen-Medizin oder dem Ärztemangel mit 100 zusätzlichen Kassenarztstellen begegnen zu können, irre sich gewaltig. Der Sommerministerrat sei nicht mehr gewesen als ein „Marketing-Gag“, meint Kucher, dem Maßnahmen gegen die Teuerung fehlten: „Hier war der Regierung die Sommerpause wichtiger als die längst überfällige wirksame Bekämpfung der höchsten Inflation in Westeuropa.“
Es mag ein großer Schritt für die Regierungsmitglieder gewesen sein, sich im Sommer zusammenzusetzen, aber es ist kein Schritt gegen die Probleme des Landes geglückt. Weder gegen die Zwei-Klassen-Medizin, noch gegen die Teuerung.
SPÖ-Klubobmann Philip Kucher
NEOS: Strukturelle Probleme bleiben unangetastet
Die NEOS wiederum vermissten eine „grundlegende Strukturreformen im Gesundheitsbereich“. Immer nur noch mehr Geld ins System zu pumpen, bringe nichts, findet die pinke Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler. Vielmehr müsse das Hickhack zwischen Bund und Ländern auf dem Rücken der Patienten beendet werden: „Denn wir haben zwar eines der teuersten Gesundheitssysteme - doch die Leistung kommt bei den Versicherten, die immer öfter doppelt zahlen müssen, nicht an“. Zuallererst müssten Kassenverträge attraktiviert und die Rahmenbedingungen für Kassenärzte verbessert werden.
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