"Sehr geehrter Herr Pelinka, wir entnehmen verschiedenen Medienberichten, dass Sie sich für die ausgeschriebene Funktion eines 'Leitenden Redakteurs' als Büroleiter des ORF-Generaldirektors beworben haben", wendeten sich die Redakteure der "Zeit im Bild", der Diskussionssendungen, Wetter und "Heute in Österreich" am Freitag in einem offenen Brief an den ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen 25-Jährigen.
Unabhängigkeit "schwerst beschädigt"
Die Redakteure argumentieren damit, dass mehr als drei Viertel aller Programm-Mitarbeiter des ORF gegen Pelinkas Bestellung protestieren. Dass Pelinka die Sorge der ORF-Mitarbeiter verstehe, wie er selbst erklärt hatte, bezweifeln diese. "Unsere Hauptsorge gilt nämlich der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des ORF, die für ein öffentlich-rechtliches Unternehmen essenziell sind. Diese werden durch Ihre nahtlose Übersiedelung von der Spitze der SPÖ-Fraktion im ORF-Stiftungsrat in die Generaldirektion schwerst beschädigt - und zwar völlig unabhängig von Ihren allfälligen Handlungen als Büroleiter", heißt es in dem Schreiben.
Die Nachrichten-Redakteure stoßen sich außerdem an Pelinkas Aussagen, er sei "nie für eine Partei tätig" gewesen - und das "trotz des Fraktionsvorsitzes im Stiftungsrat, Ihrer Arbeit für einen Abgeordneten und eine Ministerin sowie der mehrfachen Kandidatur auf Wahllisten der SPÖ. Das zeigt uns, dass Sie und wir offenkundig ein grundsätzlich anderes Verständnis von politischer Unabhängigkeit haben".
Redakteure bitten: "Stehen Sie zu ihrem Wort"
Auch die Tatsache, dass Pelinka einen Wechsel in den ORF wiederholt öffentlich dementiert hat, lässt die Redakteure an der Verlässlichkeit seiner Ankündigungen sehr stark zweifeln. "So haben Sie vor der letzten Generaldirektor-Wahl u.a. wörtlich erklärt: 'Ich schließe aus, dass ich in der nächsten Geschäftsführung in den ORF wechsle'." Daher bitten die Redakteure: "Wenn es Ihnen tatsächlich um den ORF und um seine Glaubwürdigkeit geht - dann stehen Sie zu ihrem Wort. Wir fordern Sie auf - im Interesse des ORF - Ihre Bewerbung zurückzuziehen."
Dem Generaldirektor selbst sollen die Redakteure am Freitag ihre Loyalität erklärt haben, auch wenn sie bei den jüngsten Personalentscheidungen konträrer Meinung seien und diese auch weiter bekämpfen wollen.
Pelinka spielt Ball zu Wrabetz
In Reaktion auf die Aufforderung der ORF-Redakteure verwies Pelinka dann am Freitagabend erneut darauf, dass er Wrabetz bereits ein entsprechendes Angebot gemacht habe und seine Bewerbung zurückziehen werde, sofern dieser das wünsche. "Das Angebot, meine Bewerbung zurückzuziehen, so der Generaldirektor will, bleibt natürlich aufrecht", meinte Pelinka. Auf die Frage, ob er seine Bewerbung nicht auf Eigeninitiative zurückziehen wolle, wollte Pelinka nicht näher eingehen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.