Amtsmissbrauch? Ein Spitzenbeamter stand am Donnerstag vor Gericht. Sein Freispruch ist längst nicht das Ende im Hickhack in Salzburgs zweitgrößter Stadt.
„Ich weiß es nicht, zerbreche mir seit damals den Kopf.“ Der stellvertretende Amtsleiter der Stadt Hallein gab sich am Donnerstag vor Gericht ratlos. Er könne sich bis heute nicht erklären, wieso eine streng vertrauliche Disziplinaranzeige gegen seinen Vorgesetzten – dem mittlerweile suspendierten Stadtamtsdirektor – im August 2021 in den Medien gelandet ist. Er habe damit jedenfalls nichts zu tun. Die Justiz sah das anders – und klagte den Spitzenbeamten wegen Amtsmissbrauchs an. „Warum sollte ich das denn tun“, fragte er.
Raues Arbeitsklima: Da half nur noch der Boxsack
Fakt ist: Das Arbeitsverhältnis zwischen dem stellvertretenden Amtsleiter und seinem Vorgesetzten war schwierig und „von Spannungen geprägt“, wie mehrere Zeugen unisono zu Protokoll gaben. Zum Beweis zeigte die Richterin ein Handyfoto des Mannes. Darauf zu sehen: Ein Boxsack mit dem aufgeklebten Foto des ÖVP-nahen Ex-Amtsdirektors. Auf diesen habe er eingeschlagen, nachdem er in einer Gemeindevertreter-Sitzung von einem ÖVP-Mandatar hart angegangen worden sei. Auch im Zuge des Prozesses hatte er für seinen früheren Vorgesetzten nur wenig nette Worte über: „Er hat Macht an sich gezogen, die ihm einfach nicht zusteht.“
Der Angeklagte selbst ist ein enger Vertrauter von Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ). Er habe dafür sorgen wollen, dass der Stadtchef ordentlich arbeiten könne. Die Disziplinaranzeige habe er im Auftrag des Stadtchefs erstellt, aber keinesfalls den Medien zugespielt. „Ich wollte nur, dass der Bürgermeister in Ruhe arbeiten kann“, betonte er.
Freispruch erfolgte aus Mangel an Beweisen
Das sah letztlich auch das Gericht so und sprach den Mann mangels stichhaltiger Beweise frei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 13 Zeugen hatte man zuvor befragt, darunter auch den Bürgermeister selbst. „Ich habe nie an der Unschuld meines Mitarbeiters gezweifelt“, sagte Stangassinger. Wegen einer Falschaussage im Ermittlungsverfahren fasste der stellvertretende Amtsleiter eine diversionelle Geldbuße in Höhe von 3000 Euro aus. Der 60-Jährige hatte zunächst behauptet, nie einen Ausdruck der Disziplinaranzeige auf seinem Schreibtisch liegen gehabt zu haben.
Der Prozess war der vorläufige Höhepunkt eines seit 2019 andauernden Machtkampfes im Halleiner Rathaus. SPÖ und ÖVP liegen im Dauerstreit. Bei den weitergegebenen vertraulichen Dokumenten handelte es sich um eine Disziplinaranzeige und einen Amtsbericht. Demnach soll der Ex-Amtsdirektor auf seinem Dienstlaufwerk etliche Neonazi-Lieder und Geheimakten über Mitarbeiter gespeichert haben. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Wiederbetätigung hat die Justiz mittlerweile allerdings eingestellt.
Der nächste Prozess steht bereits bevor
Ein Ende er Scharmützel ist dennoch nicht absehbar. Der Ex-Amtsdirektor steht bald selbst vor Gericht. Er ist wegen Amtsmissbrauchs angeklagt. Der Spitzenbeamte soll Informationen über die Honorare eines externen Beraters widerrechtlich weitergegeben haben. Und: Staatsanwalt Marcus Neher bat noch im Gerichtssaal um ein Protokoll der Verhandlung. Er wolle „etwaige Falschaussagen einiger Zeugen“ genauestens unter die Lupe nehmen.
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