Unter Türkis-Blau geplant, unter Türkis-Grün wieder eingeschlagen: Die Rede ist von einer verpflichtenden Volksabstimmung ab einer gewissen Unterstützungszahl eines Volksbegehrens. Nun greift die Wiener Gemeinderätin Laura Sachslehner (ÖVP) dieses brisante Thema wieder auf.
Diskussionen und Pläne für die Einführung einer verpflichtenden Volksabstimmung gab es schon etliche. 2011 hatte die FPÖ für direkte Demokratie die Werbetrommel gerührt. Im Zuge der Debatten um den Euro-Rettungsschirm forderte der damalige blaue Parteichef Heinz-Christian Strache „direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild“ und verbindliche Volksabstimmungen - wenn ein Volksbegehren 150.000 Unterschriften bekommt. Ein anderes Mal revidiert er es auf 250.000. 2012 sprach sich der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) für 700.000 Unterschriften aus.
Türkis-Blau wollte einst 900.000 Unterschriften als Hürde
Danach flachte das Thema ab. Durch die türkis-blauen Koalition 2017 schien der Weg endgültig frei für eine verpflichtende Volksabstimmung. ÖVP und FPÖ einigten sich auf die Hürde von 900.000 Unterstützungserklärungen ab 2022. Blöd nur, dass die Koalition bereits 2019 wieder zerbrach (die Hintergründe sind bekannt). Unter der seit Jänner 2020 im Amt befindlichen türkis-grünen Regierung liegt dieses Thema komplett auf Eis.
Sachslehner für mehr „direkte Demokratie“
Nun bringt die Wiener Gemeinderätin Laura Sachslehner (ÖVP) dieses Thema wieder auf Tapet. Sie plädiert dafür, verpflichtende Volksabstimmungen einzuführen, sofern Volksbegehren von mehr als 10 Prozent der Bevölkerung (das wären derzeit knapp unter 900.000) unterschrieben wurden. „Das sinkende Vertrauen der Menschen in unserem Land in teile unseres politischen Systems muss für uns ein Auftrag zum Handeln sein, um endlich mehr direkte Demokratie in unserem Land zu ermöglichen“, schrieb Sachslehner auf Twitter.
Warnung vor linken Mehrheiten
Gleichzeitig warnt sie vor einer linken Mehrheit bei der nächsten Nationalratswahl. „Linke Parteien träumen mittlerweile offen davon, Maßnahmen wie Tempo 100 oder die leichtere Vergabe der Staatsbürgerschaft ganz klar gegen den Willen der Bevölkerung einzuführen. Da brauchen wir offensichtlich mehr direktdemokratische Mittel, um dem etwas entgegenzusetzen und den Willen der Mehrheit der Menschen noch sichtbarer zu machen.“
Heuer schon 16 Volksbegehren
Mit den beiden Eintragungswochen im April und im Juni konnten dieses Jahr bereits 16 Volksbegehren unterschrieben werden. Und es sieht danach aus, als würde die Initiativenflut anhalten: Aktuell befinden sich über 90 Volksbegehren in der Unterstützungsphase.
Erst zwei Volksabstimmungen in Österreich
Während es also viele Volksbegehren gab und gibt, gab es bisher in Österreich erst zwei Volksabstimmungen (Zwentendorf und EU-Beitritt). 2013 gab es eine Volksbefragung (Bundesheer). Der Systemfehler sei, dass eine Volksabstimmung nicht vom Volk initiiert werden kann, so Werner Bolek (siehe Video unten), Mit-Initiator der Initiative gemeinsam Entscheiden (IGE). Volksbegehren müssen im Nationalrat behandelt werden, Volksabstimmungen sind hingegen rechtlich bindend. Das bedeutet, ein Gesetz kann nur dann in Kraft treten, wenn das Volk zugestimmt hat.
IGE-Mitinitiator Werner Bolek im Video: „Die Regierung hat Angst vor dem Volk“
Verweis auf Schweizer Modell
Wie Sachslehner fordert auch Bolek, dass Volksbegehren ab einer gewissen Unterschriften-Zahl verpflichtend zu einer Volksabstimmung führen sollen. Die direkte Demokratie lebe sehr stark vom Instrument des Volksbegehrens. „Es ist eigentlich das wichtigste und einzige bundesweite Instrument der direkten Demokratie. Am Schweizer Beispiel sehe man, dass eine gut entwickelte Demokratie die Beteiligung des Volkes sehr gut verträgt.“
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