Hoffen, Bangen - und letztlich großes Aufatmen: Die Hochwassersituation in Tirol war am Montag an Dramatik kaum zu überbieten. Schlussendlich sind die Pegelstände der Flüsse und Bäche im Land in der Nacht auf Dienstag wieder zurückgegangen. Auch wenn es da und dort gröbere Schäden gibt - die ganz große Katastrophe blieb zum Glück aus. Im Ötztal ist jedoch ein Weiler von der Außenwelt komplett abgeschnitten.
Im Westen Tirols hatte sich die Lage bereits am Montagnachmittag etwas entspannt, in Kufstein wurden die Pegel-Höchststände des Inns schließlich gegen Mitternacht erreicht. Seither sinkt das Wasser wieder. Laut aktuellen Prognosen und Einschätzungen der Experten seien auch keine relevanten Anstiege der Pegelstände mehr zu erwarten.
Tirol war gut vorbereitet, die Einsatzkräfte und Einsatzstäbe haben ihr Bestmögliches gegeben.
LH Anton Mattle
Bild: zVg
Dementsprechend begann am Dienstag das große Aufräumen, auch die mobilen Hochwasserschutzeinrichtungen werden wieder rückgebaut. „Tirol war gut vorbereitet, die Einsatzkräfte und Einsatzstäbe haben ihr Bestmögliches gegeben“, betonte Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) am Vormittag. Tirol habe es letztlich „glücklicherweise weniger hart getroffen“ als zunächst befürchtet.
Mehr als 4000 Feuerwehrleute im Einsatz
Die Einsatzkräfte hatten trotzdem alle Hände voll zu tun: 4300 Feuerwehrleute standen im Einsatz und 570 Einsätze wurden abgewickelt. Allein in den Bezirken Kufstein und Innsbruck-Land wurden 35.000 Sandsäcke mit Unterstützung der Feuerwehr befüllt. „Allein diese Zahlen zeigen, was es heißt, auf ein solches Sicherheitsnetz, wie wir es in Tirol haben, im Ereignisfall zurückgreifen zu können“, sagte Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP).
Größte Schäden im Oberland erwartet
Nun liege der Fokus voll auf der Schadenserhebung. „Die größten Schäden werden nach derzeitigem Kenntnisstand im Oberland erwartet. Wir erörtern dies derzeit und machen uns heute, Dienstag, im Rahmen eines Lokalaugenscheines ein Bild der Situation“, so Mattle weiter.
Kaum bis gar keine Schäden habe die Wildbach- und Lawinenverbauung zu verzeichnen. Die Geschieberückhaltebecken und Bauten hätten gehalten. „Dort werden nun auch die Räumungen der Becken organisiert.“
Weiler Köfels im Ötztal von Außenwelt abgeschnitten
Härter getroffen hat es insbesondere das Ötztal. Im Bereich zwischen Umhausen und Längenfeld, wo die B186 Ötztal Straße stark beschädigt wurde, hat sich die Ötztaler Ache quasi ein neues Bachbett gesucht und die Zufahrt zur Brücke in den Weiler Köfels auf rund 100 Meter zerstört. „44 Bewohner im Bergdorf Köfels sind somit abgeschnitten“, schildert der Umhauser Bürgermeister Jakob Wolf, der sich unter anderem mit LH Mattle am Vormittag vor Ort für einen Lokalaugenschein befand.
Fachmann nahm Brücke unter die Lupe
Spätestens bis Mittwoch will die Gemeinde einen Forstweg als Notweg nach Köfels öffnen. Am späten Vormittag begutachtete ein Fachmann des Landes die Brücke auf deren Stabilität. „Die ist zum Glück gegeben, nun wird die Ache zurück in ihren alten Lauf unter der Brücke verlegt und die Zufahrtsstraße neu geschüttet“, kündigte Wolf an.
Die B186 Ötztal Straße wird nach derzeitigem Kenntnisstand indes noch mehrere Tage gesperrt bleiben. Das hintere Ötztal ist über das Timmelsjoch erreichbar.
Provisorische Wasserleitung muss gelegt werden
Die landeseigene Tinetz war am Vormittag zunächst damit beschäftigt, einen Mast zur Stromversorgung für den Weiler Köfels aufzustellen. „Wir wollten am Montag noch ein Aggregat hinauffliegen, das Wetter verhinderte dies aber“, so Wolf. Nach Wetterbesserung am Dienstagvormittag war der Flug dann möglich, das Aggregat versorgt inzwischen das Bergdorf in 1401 Metern. Zudem muss eine provisorische Wasserleitung gelegt werden, da die bestehende Leitung, die sich an der Brücke befand, zerstört wurde. „Vorerst werden die Bewohner mit dem Inhalt des Bassins auskommen.“
Am Vormittag liefen auch schon die Reparaturarbeiten an der Ötztal Straße, die direkt südlich der Brücke weggerissen worden ist. Sie soll laut Wolf in drei bis fünf Tagen wieder gerichtet sein.
Sölden: Auch Notweg wurde weggerissen
In Sölden, das wie Längenfeld bis auf Weiteres von Nordtirol abgeschnitten ist, begannen am Dienstagmorgen schon die Aufräumarbeiten. Ein Problem stellt der im Norden des Orts weggerissene Radweg dar, der bisher auch als Notweg für die Gemeinde diente. „Darin befinden sich Gas- und Stromleitungen“, schildert der Sölder Bürgermeister Ernst Schöpf.
Die Tigas habe nach Bekanntwerden des Schadens die Leitung sofort geschlossen, zu einem Gasaustritt sei es wohl nicht gekommen. „Das Rohr war nicht arg beschädigt, die Tigas arbeitet gerade an einer Behelfslösung.“ Versorgungsprobleme beim Gas habe es nicht gegeben, Strom sei nie ein Problem gewesen.
Urlauber reisten über Timmelsjoch ab
Zahlreiche ohnehin abreisewillige Gäste haben den Ort schon am Montag über den Umweg Timmelsjoch Richtung Süden verlassen. Leider sei die Route am Montag zwischen 11 und 15 Uhr wegen eines Murenabgangs auf Südtiroler Seite kurzfristig blockiert gewesen. „Die Lebensmittelversorgung hat am Dienstag über diese Strecke begonnen“, sagte Schöpf. Für medizinische Notfälle steht ein nachtflugtauglicher Notarzthubschrauber bereit.
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