Am 28. September ist „Safe Abortion Day“ - in Österreich werden Expertenschätzungen zufolge 30.000 - 40.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, offizielle Daten gibt es dazu nicht. Doch der Zugang zu entsprechenden Angeboten ist je nach Region äußerst schlecht. So gibt es in zwei Bundesländern nur eine Stelle, die Abtreibungen durchführt - in einem Bundesland gibt es gar keinen Arzt, der ungewollte Schwangerschaften abbricht.
Der einzige Arzt, der in Vorarlberg Schwangerschaftsabbrüche anbietet, will in Pension gehen - dieser Fall hat gezeigt, dass es Flecken auf der österreichischen Landkarte gibt, in der es kaum oder gar keine Möglichkeiten gibt, diesen medizinischen Eingriff durchzuführen. „Der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch in Österreich liegt im europäischen Vergleich im schlechteren Mittelfeld“, erklärt dazu Angela Tunkel von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF). Es gebe starke Unterschiede zwischen West- und Ostösterreich bzw. Land und Stadt.
Keine einzige Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch im Burgenland
In Vorarlberg wird derzeit fieberhaft nach einer Nachfolgelösung gesucht. Eine Praxis im Personalwohnheim im Krankenhaus Bregenz wird aktuell diskutiert - doch diese soll erst Ende 2024 fertig sein. Eine Versorgungslücke wird befürchtet. Auch in anderen Bundesländern ist das Angebot für ungewollt Schwangere mangelhaft. Neben dem Ländle gibt es auch in Tirol nur einen einzigen Arzt, der Abtreibungen anbietet. Im Burgenland gibt es keine einzige Stelle, bei der Betroffene einen solchen Eingriff vornehmen können.
In Österreich ist eine Abtreibung grundsätzlich noch immer für alle Beteiligten illegal. Es ist die einzige medizinische Leistung, die mit Haft bedroht ist. Seit 50 Jahren gibt es die sogenannte Fristenlösung - unter streng geregelten Bedingungen sind Schwangerschaftsabbrüche dadurch in den ersten drei Monaten nach Beginn der Schwangerschaft nicht strafbar. „Das führt zu gesellschaftlichem Stigma, Scham und der Verurteilung von Betroffenen“, weiß Tunkel.
Auch zahlreiche Ärzte haben Vorbehalte, Schwangerschaftsabbrüche anzubieten. „Viele geben es auf ihrer Website gar nicht an, dass sie Abbrüche durchführen und auf der anderen Seite wissen viele nicht, dass sie seit Mitte 2020 die Abtreibungspille Mifegyne in der Apotheke bestellen und an die Frauen abgeben können“, so die Klinische- und Gesundheitspsychologin. Die ÖGF setzt sich für sexuelle und reproduktive Rechte ein und bietet auf ihrer Website auch eine Liste von Ärzten und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüchen anbieten - doch dieses Angebot ist sehr mager.
Österreichische Gesellschaft für Familienplanung
Informationen zu Möglichkeiten und Anlaufstellen
https://oegf.at/schwangerschaftsabbruch/
Frauengesundheitszentrum FEM (Wien)
Beratungsstelle für verschiedene Gesundheitsthemen
https://fem.at/
https://femsued.at/
Familienberatung
Staatlich geförderte Beratungsstellen (österreichweit)
https://www.familienberatung.gv.at/
Netzwerk Frauenberatung
Beratungsstellen für Frauen und Mädchen
https://www.netzwerk-frauenberatung.at/
„Wer Frauen zur ungewollten Schwangerschaft zwingt, übt Gewalt aus“
„Zu bedenken ist, dass der Zugang alleine nicht reicht, er muss auch für die betroffenen Personen finanzierbar sein. Die leistbaren Angebote gibt es in Wien“, erklärt die Medizinerin Tunkel. Ein Schwangerschaftsabbruch ist selbst von der Betroffenen zu bezahlen und kann mehr als 900 Euro kosten. Bei fehlendem, geringem Einkommen würde man Frauen zur Fortsetzung der Schwangerschaft zwingen und Frauen zu Gebärkörpern reduzieren, „was gegen die unantastbare Würde spricht“. Die aktuelle Gesetzgebung würde Frauen ihr Recht auf körperliche Autonomie verwehren. Sie findet deutliche Worte für die Situation: „Wer Frauen zur Fortsetzung einer ungewollten Schwangerschaft zwingt, übt Gewalt aus.“
Das oft genannte Argument, dass vor allem Jugendliche leichter mit Verhütung umgehen würden, wenn die Möglichkeiten zu einer Abtreibung erleichter würden, kann die Expertin nicht nachvollziehen. Der Verein ÖGF fordert, dass die Kosten für diese Eingriffe von Sozialversicherungen übernommen werden - und gleichzeitig auch die Kosten für Verhütungsmittel übernimmt. Denn: „Der Zugang zu kostenfreier Verhütung, Verhütungsberatung und sexueller Bildung ist die beste Prävention vor ungeplanten Schwangerschaften“, ist Tunkel überzeugt.
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