Derzeit sind 575 Medikamente Mangelware in Österreich - oder, wie bestimmte Nasentropfen (Fentrinol), Antibiotika in bestimmten Zubereitungen (z.B. Xiclav duo Trockensaft für Kinder) und Kinder-Erkältungsmittel (Nureflex), gar nicht zu bekommen. Die Detailliste finden Sie hier. Das sorgt auch für politische Diskussionen.
Wegen der Mangellage hat der SPÖ-Klub im Landtag (verpackt in einen Gesamtantrag zur Aufwertung der Apotheken) die Bevorratung von Rohstoffen zur Arzneimittelproduktion gefordert. SPÖ-Chef Michael Lindner unterstützt diesen Vorstoß voll: „Ich fordere die ÖVP-FPÖ-Landeskoalition auf, sofort eine strategische Bevorratung von Rohstoffen zur Arzneimittelproduktion vorzunehmen und Verhandlungen über eine faire Vergütung der Mehraufwände für Apotheken, die selbst Arzneimittel produzieren können, anzustoßen.“ Denn die Apothekerinnen und Apotheker in Österreich seien zwar dazu ausgebildet, selbst Arzneimittel herzustellen, benötigten jedoch dafür sicheren Zugang zu notwendigen Rohstoffen und faire Entschädigung. Beides sei auch in Oberösterreich mangelhaft, wie Lindner aufzeigen will.
Es gäbe klaren Versorgungsauftrag
SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder verweist darauf, dass hier die erfolgreiche Bevorratung von Schutzbekleidung in der Pandemie als Vorbild dienen kann. „Diese hat gezeigt, dass eine strategische Lagerung von lebenswichtigen Materialien durch das Land möglich und sinnvoll ist, wenn der Wille dazu vorhanden ist. Die Landeskoalition von ÖVP und FPÖ hätte auch in Bezug auf die Gesundheit einen klaren gesetzlichen Versorgungsauftrag für die Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen.“ Binder weiter: „Die Tatsache, dass sie hier zögert, geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Arzneimittelversorgung zu ergreifen, zeigt einmal mehr, dass die Mitglieder der schwarz-blauen Landeskoalition ihre Aufgaben in Zeiten von Mangel und Krise nicht vollständig verstehen".
„Die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger darf nicht länger leiden, indem Medikamentenknappheit ein weiteres Hindernis in der Gesundheitsversorgung darstellt. Es ist dringend an der Zeit zu handeln.“
SPÖ-Politiker Michael Lindner und Peter Binder
Lieferengpässe sind ein großes Thema
„Gesundheit kann nicht warten“, verweist Landesrat Michael Linder außerdem auf die von ihm gestartete Gesundheitsinitiative, mit der Probleme und Mängel in der oberösterreichischen Gesundheitsversorgung aufgezeigt werden. „Die Initiative wurde kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt. Wenige Tage später gibt es bereits viele hunderte Schilderungen und Zusendungen, in denen aufgezeigt wird, wo und wie vielerorts die Dinge beim Thema Gesundheit im Argen liegen. Auch die Lieferengpässe bei Medikamenten sind dabei ein großes Thema", berichtet Lindner.
Zuständig ist der Gesundheitsminister
Der Konter aus dem Büro von Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP) lässt nicht lange auf sich warten. „Die Versorgungssicherheit für unsere wichtigsten Arzneimittel muss im Interesse des bundesweiten Gesetzgebers liegen und man kann die marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht ausblenden“, fordert Haberlander den zuständigen Gesundheitsminister zum Handeln auf. Und sie ergänzt. „In OÖ erledigen wir unsere Hausaufgaben in Krankenhäusern. In den oö. Krankenhäuser gibt es für mehrere Wochen einen Vorrat“, so Haberlander. Der Minister (Johannes Rauch, Grüne) habe eine Verordnung zur Bevorratung angekündigt. Das begrüße Haberlander grundsätzlich, jedoch komme diese im schlimmsten Fall zu spät um diesen Herbst/Winter wirksam zu werden.
Doch Ministerium steht auf der Bremse
In dieselbe Kerbe schlägt auch OÖVP-Klubobmann Christian Dörfel in Richtung Landtagspräsident. Binder von der SPÖ: „Es gibt klare Zuständigkeiten bei diesem Thema und die sind auch in der Verfassung verankert. Der populistische Versuch der SPÖ, das Land für die Versäumnisse des Bundes zur Verantwortung zu ziehen, ist sehr durchschaubar und entbehrlich. Tirol-LH Anton Mattle wandte sich per Brief im April diesen Jahres an BM Rauch, um ein Arzneimittellager für Tirol/Westösterreich aufzubauen. Das Gesundheitsministerium stieg sodann voll auf die Bremse.“
„Die Versorgungssicherheit für unsere wichtigsten Arzneimittel muss im Interesse des bundesweiten Gesetzgebers liegen und man kann die marktwirtschaftlichen Mechanismen nicht ausblenden.“
Gesundheitsreferentin LH-Vize Christine Haberlander, ÖVP
Was müsste konkret passieren?
Um die Versorgung der österreichischen Bevölkerung sicherzustellen, braucht es - aus Haberlanders Sicht - zwei Maßnahmen, langfristig und kurzfristig: Langfristig die Verlagerung der Arzneimittelherstellung nach Europa. Und unmittelbar/kurzfristig: Das Bezahlen höherer Preise für häufig verabreichte Medikamente. Österreich bzw. das Gesundheitsministerium verschärfe mit der Blockadehaltung, höhere Preise zahlen zu wollen, die Situation in der Versorgung mit Medikamenten. Unser Nachbarland Deutschland habe einen anderen Weg genommen und höhere Preise bezahlt.
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