Immer mehr Hilferufe erreichen die steirische Kinder- und Jugendanwaltschaft. Deren Leiterin ist besorgt: „Es gibt keine stabilen Anker mehr.“ Egoismus und Mobbing nehmen zu.
„Ich werde von meiner Mutter geschlagen.“ - „Ich bekomme kein Taschengeld.“ - „Mein Vater zahlt mir als Student plötzlich keinen Unterhalt mehr.“ - „Ich habe Angst, in die Schule zu gehen.“
Solche und ähnliche Hilferufe erreichen die Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark Tag für Tag. Und die Zahl ist ständig im Steigen, bis zu 3500 Kontakte haben die 17 Experten (Juristen, Psychologen, Sozialarbeiter, Mediatoren, Soziologen, Sozialpädagogen) mittlerweile im Jahr. „Vor der Corona-Zeit waren es knapp über 1000“, so Denise Schiffrer-Barac.
Corona-Zeit hat viel verändert
Die Pandemie habe in der Gesellschaft viel verändert. „So viele Menschen sind zu Ich-AGs geworden, jeder bildet sich ein, Recht zu haben. Es gibt keine stabilen Anker, keine Säulen mehr in der Gesellschaft, auch die wertschätzende Kommunikation ist uns abhanden gekommen, es gibt nur noch schwarz und weiß.“ So erklärt sich auch die explodierende Zahl an Eltern-Streitigkeiten um die Kontaktrechte mit Kindern.
Die sozialen Medien als großes Problemfeld
Auch das Thema Mobbing zieht immer größere Kreise. Wenn sich schon Kinder mit Selbstmordgedanken melden, dann sollten die Alarmglocken schrillen!
„Es brodelt, wir haben einfach keine Normen, die im digitalen Raum vertraut sind.“ Kleinigkeiten schaukeln sich via WhatsApp-Gruppen, Instagram oder TikTok hoch bis zur Eskalation. Die immer neuen Krisen (Teuerung, Jobunsicherheit, Kriege usw.) feuern die negative Stimmung zusätzlich an.
Kopfschütteln über Eltern
Wie weit die Kluft bei den Erwachsenen auseinandergeht, sorgt bei Schiffrer-Barac und ihrem Team für Kopfschütteln: So erlauben die einen den Kindern alles, die anderen fordern Boot-Camps für Jugendliche.
Auch der heutige Nachwuchs hat viel Potenzial. Wir müssen ihm mehr zuhören, zutrauen.
Denise Schiffrer-Barac
Dabei sagt die Juristin: „Wir müssen den Kindern zeigen, dass die Welt lebenswert ist. Auch der heutige Nachwuchs hat viel Potenzial. Wir müssen ihm mehr zuhören, zutrauen.“ Denn klar ist: Wer die Jugend verliert, verliert die Zukunft!
„Wir sind keine Wunderwuzzis“, sagt Schiffrer-Barac, „aber wir versuchen, auch zusammen mit vielen anderen Institutionen, jedem Kind bestmöglich zu helfen.“ Wenn dann ein Siebenjähriger sagt „Danke, dass du mir zugehört hast“, dann werden auch die hartgesottenen Experten schon einmal emotional.
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