Nachdem auch die siebente Verhandlungsrunde der Metaller zum Kollektivvertrag 2024 keine Einigung gebracht hatte, haben die Gewerkschaften wieder zum Streik aufgerufen. Mitarbeiter der Voestalpine in Oberösterreich und der Steiermark haben die Arbeit heute um 14 Uhr niedergelegt. Der Betrieb soll - mit Ausnahmen - für 24 Stunden stillstehen.
Am Montag haben die Gewerkschaften ihre bisherige Forderung von 11,6 Prozent Plus auf 10,6 Prozent heruntergeschraubt, auch die Arbeitgeber haben nachgebessert.
Ein Angebot mit einem Haken
Allerdings soll das Angebot der Industrie von plus sechs Prozent und einer Einmalzahlung von 1200 Euro mit Verschlechterungen im Rahmenrecht, also zum Beispiel bei den Überstundenzuschlägen, verbunden sein. Dies lehnen die Gewerkschaften ab. Die Arbeitgeber wiederum werfen PRO-GE und GPA vor, kompromisslos zu sein und sich Richtung Sackgasse zu bewegen. Wann weiter verhandelt wird, war Dienstagfrüh noch offen.
Um „rotzfreche“ 0,01 Prozent besser
Dieses „rotzfreche Angebot“ lasse man sich nicht gefallen, fasste Voestalpine-Betriebsratsvorsitzender Hans Karl Schaller den Unmut seiner Kollegen über die stockenden KV-Verhandlungen zusammen. Das neue Angebot der Arbeitgeber sei um 0,01 Prozent besser als das vorige, empörte sich Schaller.
„Geht nicht nur um Löhne“
Als Reaktion streiken die „Voestler“ seit 14 Uhr wieder. Ausgenommen davon sind Hochofen, Stahlwerk, Kokerei und Kraftwerk - diese Anlagen würden bei einem Stillstand Schaden nehmen. Denn das Angebot sei nicht nur prozentuell zu dürftig, die Arbeitgeber wollten auch die Überstundenzuschläge um 50 Prozent und den Mehrzeitzuschlag bei Teilzeit auf null kürzen. „Es geht nicht mehr um die Löhne, sondern die KV-Verhandlungen der Metaller werden für einen Angriff auf alle Kollektivverträge missbraucht“, sagte Schaller. Die Arbeitgeber würden keine Einigung wollen, sondern danach trachten, die Verhandlungsgemeinschaft aufzubrechen.
Wenn die Metaller nachgeben, haben die anderen nicht diese Schlagkraft.
Gewerkschafter Hans Karl Schaller
„Schwarz-Blau wird vorbereitet“
In Wahrheit sitze die Bundesregierung mit am Verhandlungstisch - an dem übrigens Arbeitgeber-Chefverhandler Christian Knill noch in keiner einzigen Runde Platz genommen habe, so Schallers Kritik. „Die Arbeitgeber wollen keinen Abschluss erreichen, die Verhandlungen sind ein reines Politikum. Alles soll auf eine neue schwarz-blau-Regierung vorbereitet“, meinte Schaller.
Die Hardliner auf der Arbeitgeberseite wollten die Arbeitnehmer „aushungern“, so der rote Gewerkschafter: „Die meinen, irgendwann wird uns schon das Geld und die Energie zum Streiken ausgehen, dann haben sie uns in der Hand.“ „Wenn die Metaller nachgeben, haben die anderen nicht diese Schlagkraft“, stellte er in den Raum.
Streik in der Steiermark
Der Streik in Linz lief am Dienstag bisher recht unspektakulär - innerhalb der Hallen unter Ausschluss der Öffentlichkeit - ab. Draußen gab es bisher keine Kundgebungen. Am Dienstag wurde auch im Voest-Werk im steirischen Kindberg gestreikt, hier gab es lautstarke Demos mit Spruchbändern und Plakaten (Bild oben). „Wir wollen mehr“ wurde dort von den Arbeitern skandiert. Morgen, Mittwoch, werden auch die Voestalpine-Beschäftigten in Kapfenberg für 24 Stunden in Streik treten.
Von Seiten der Voestalpine hieß es, dass man über einen 24-Stunden-Streik informiert worden sei. „Es ist davon auszugehen, dass die Produktion in dieser Zeit eingeschränkt sein wird.“ In den Bereichen, wo Kunden betroffen sein könnten, sei man mit diesen im Austausch, so der ehemals staatliche Großkonzern. Wie hoch der Schaden sein werde, lasse sich noch nicht beziffern, weil das Ausmaß der Streiks noch nicht abschätzbar sei.
Auch in Kärnten wird gestreikt
Gestreikt wird auch in Kärnten, derzeit ist jedoch noch nicht klar, wann, wo und in welcher Form. Es gehe laut Gewerkschaft aber alles in Richtung 24-Stunden-Streiks. In Kärnten sind von den aktuellen KV-Verhandlungen etwa 6000 Beschäftigte in der Metallbranche betroffen.
WKO will sich nicht einmischen
Man wolle sich nicht einmischen, „außer wir werden gerufen, und das hat noch nicht stattgefunden“, erklärte Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz. „Es dauert halt heuer länger, weil es eine ganz schwierige Situation ist“, meinte er grundsätzlich. Er riet den Verhandlern, aufeinander zuzugehen.
Keine Einigung in Sicht
Sieben Verhandlungsrunden waren bisher nötig, um sich darauf zu einigen, dass man von einer Einigung für den KV 2024 (gültig ab November 2023) weit entfernt ist. Auch wenn man sich leicht aufeinander zubewegt hat. Auffallend sind nicht nur die außergewöhnlich vielen Verhandlungsrunden ohne Einigung, sondern auch die kurzen Abende des Feilschens. Wurde in der Vergangenheit auch schon in den ersten Runden bis weit nach Mitternacht verhandelt, war am Montag bereits um 20 Uhr wieder Schluss mit den Gesprächen in der Wiener Wirtschaftskammer.
Die Chefverhandler der Arbeitnehmerseite, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA), bezeichneten das Angebot der Unternehmervertreter am Montagabend als „Frechheit“. Arbeitgeber-Chefverhandler Christian Knill zeigte sich weiter verhandlungsbereit, aber er stellte Montagabend auch klar: „Wir lassen uns von weiteren Streiks und Machtdemonstrationen nicht beeindrucken.“
Das ist eine unfassbare Grauslichkeit, was die Arbeitgeber da bieten.
Reinhold Binder
Bild: APA/ALEX HALADA
Gewerkschafter Binder tobte in der „ZiB 2“: „Das ist eine unfassbare Grauslichkeit, was die Arbeitgeber da bieten. (...) Wir werden uns gut überlegen, wie wir die weiteren Maßnahmen nun festsetzen. Wir werden jetzt auf jeden Fall einen Zahn zulegen.“
Erfolge in anderen Industrien
Zuletzt haben die Bäcker bei 9,7 Prozent Lohn- und Gehaltsplus abgeschlossen. Einen Richtwert lieferte wiederum im Sommer die Bundesregierung, die den Pensionisten eine Erhöhung von ebenfalls 9,7 Prozent gewährte. Und auch in der Frühjahrslohnrunde bewegten sich die meisten Abschlüsse bei rund zehn Prozent. So schloss die Elektroindustrie bei 9,9 Prozent ab, die Papierindustrie bei 9,8 bis 10 Prozent. Die rollierende Inflation lag im Frühjahr bei 9,5 Prozent, im Herbst waren es 9,6 Prozent.
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