„KGB-Methoden“

Pilnacek: Parteien schäumen, Sobotka angezählt

Politik
21.11.2023 21:42

Wenige Wochen nach dem Tod von Christian Pilnacek ist am Dienstag eine heimliche Tonbandaufnahme aufgetaucht, in der der zuletzt suspendierte Justiz-Sektionschef Vorwürfe gegen die ÖVP erhebt. In dem Gespräch behauptet Pilnacek, Interventionen der ÖVP in laufende Ermittlungen abgewehrt zu haben, namentlich nennt er den früheren Innenminister und derzeitigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka. Die Volkspartei zeigte sich über die Veröffentlichung empört und ortete „KGB-Methoden“ (siehe Video oben). Die NEOS wiederum legten Sobotka den Rücktritt nahe, für die SPÖ ist die ÖVP „noch immer die Kurz-ÖVP“.

Bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz Dienstagabend bekräftigte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, dass Pilnacek wohl „in eine Falle gelockt“ worden sei. Der Wahlkampf werfe bereits seine Schatten voraus. „Mittels eines Tonbands wird nun sogar das Andenken an einen Toten missbraucht und instrumentalisiert.“

„Skandalisierungskampagne der SPÖ und FPÖ“
Der ÖVP-General weiter: „Christian Pilnacek ist erst vor einigen Wochen unter tragischen Umständen ums Leben gekommen. Ich bin sprachlos, dass seine Person nun dafür herhalten muss, politisches Kleingeld zu schlagen und die Skandalisierungskampagne der SPÖ und FPÖ voranzutreiben.“

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker

Stocker fordert Aufklärung
Die Hintergründe zu dem Tonband und „den Methoden, die an den russischen Geheimdienst erinnern“, müssten aufgeklärt werden, forderte Stocker: „wer es aufgezeichnet hat, was das Motiv ist, wer hinter diesen KGB-Methoden steckt“. Inhaltlich verwies Stocker darauf, dass Pilnacek in U-Ausschüssen im Parlament unter Wahrheitspflicht etwas anderes ausgesagt habe als bei dem heimlich aufgezeichneten Gespräch. So habe Pilnacek 2020 auf die Frage, ob es irgendjemanden gegeben habe, der ihn jemals darauf angesprochen habe, ein Auge auf ein Verfahren zu werfen, deutlich mit „Nein“ geantwortet.

Christian Pilnacek (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Christian Pilnacek

ÖVP macht Sobotka die Mauer
Gefragt, wie er sich die Widersprüche in Pilnaceks Aussagen erkläre, sagte Stocker: „Zum Inhalt dieses Tonbands werde ich mich nicht äußern“, sei es doch unter „dubiosen“ Umständen entstanden. Außerdem machte Stocker klar, dass die ÖVP hinter Nationalratspräsident Sobotka steht, ein Rücktritt steht für ihn also nicht im Raum.

Wolfgang Sobotka (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Wolfgang Sobotka

NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos hatte zuvor Sobotka den Rücktritt nahegelegt: „Mit Blick auf die genannten Personen halten wir fest: Wer dem Hohen Haus der Demokratie vorsteht, muss über jeden Verdacht erhaben sein.“ Pilnaceks Aussagen legten ein System nahe, das eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig ist, meinte Hoyos.

NEOS orten Einflussnahme auf Justiz
„Die Rede ist von Machtmissbrauch, Druck und versuchter Einflussnahme auf die unabhängige Justiz, durch ,die ÖVP‘ als Ganzes und namentlich durch den zweithöchsten Mann im Staat. Alleine der Anschein eines solchen Systems von Machtmissbrauch durch die Kanzlerpartei fügt unserer Demokratie schwersten Schaden zu.“ Es seien Vorfälle wie diese, „die das Vertrauen der Menschen, dass vor dem Gesetz jede und jeder gleich ist, zerstören“.

„Diese ÖVP ist immer noch die Kurz-ÖVP“
„Schockierend, aber leider nicht überraschend“ kommen die Aussagen Pilnaceks für die SPÖ. Die „Enthüllungen“ bestätigen für Finanzsprecher Jan Krainer, „was wir in zwei Untersuchungsausschüssen über den organisierten Machtmissbrauch des Systems ÖVP erfahren haben. Diese ÖVP ist immer noch die Kurz-ÖVP“, schrieb er in einer Aussendung.

Der grüne Koalitionspartner reagierte behutsam. „Was das Tonband wieder einmal aufbringt, ist, dass es früher offensichtlich ein Problem gegeben hat, dass es immer wieder die Versuche gegeben hat, dass man Einfluss auf die Justiz nimmt“, meinte Generalsekretärin Olga Voglauer. Das gehe, wie es auch in der Aufnahme angedeutet werde, „mindestens ein Jahrzehnt“ zurück. „Das ist nichts Neues“, so Voglauer, aber: „Allein der Eindruck, dass das so gewesen sein könnte, ist Gift für eine Demokratie.“

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