Die gravierenden Vorwürfe gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sind am Mittwochabend in einer von den Oppositionsfraktionen geforderten Sonderpräsidiale besprochen worden. Dabei musste der ÖVP-Mann den parlamentarischen Obleuten Rede und Antwort stehen - derweil verlangte das erste Regierungsmitglied seinen Rücktritt.
Sobotka lud zu einer entsprechenden Sitzung - direkt im Anschluss an die Nationalratssitzung vom Mittwoch. Der genaue Inhalt des Treffens ist nicht bekannt. Sobotka habe seinen Standpunkt in „sachlicher Atmosphäre“ dargelegt, heißt es in einer Aussendung. Der Nationalratspräsident habe die Anschuldigungen gegen ihn als unwahr zurückgewiesen, berichtete im Anschluss FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch.
Dem Pressedienst der Paralemntsdirektion zufolge kündigte Sobotka an, sich am Donnerstag zu Beginn der Plenarsitzung auch einer breiteren Öffentlichkeit erklären zu wollen.
Anstiftung zum Amtsmissbrauch?
Denn der Verdacht wiegt schwer: Der vor Kurzem aus dem Leben geschiedene Christian Pilnacek sprach in privater Lokalrunde darüber, dass Sobotka ihm vorgeworfen habe, Ermittlungen nie abgedreht zu haben - und ihn zudem immer wieder zur Einflussnahme gedrängt habe.
Das Gespräch vom vergangenen Sommer wurde heimlich aufgenommen und - wie berichtet - der „Krone“ zugespielt. Der Sprecher Sobotkas hatte schon am Dienstag die Darstellung Pilnaceks zurückgewiesen.
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) legte dem Nationalratspräsidenten indes gegenüber der „Kleinen Zeitung“ den Rücktritt nahe. „Wäre ich in der Situation von Sobotka, ich hätte meinen Hut genommen. Ich habe einen klaren moralischen Kompass“, wurde Rauch am Mittwochabend zitiert.
Ähnlich äußerte sich vor und nach der abendlichen Sonderpräsidiale die Generalsekretärin der Grünen Olga Voglauer: „Wenn Sie mich fragen, ich würde zurücktreten.“
Opposition fordert geschlossen Rücktritt
Die Causa war bereits Mittwochfrüh am Plenartag im Nationalrat abgehandelt worden. Die Opposition forderte geschlossen den Rücktritt des Parlamentschefs, während die ÖVP von einem „unwürdigen Schauspiel“ sprach. Die Grünen meldeten sich am Vormittag noch nicht zu Wort.
Die Oppositionsfraktionen blieben nach der Sonderpräsidialen bei ihrer Rücktrittsaufforderung. Auch SPÖ-Klubobmann Philip Kucher erklärte danach, Sobotka werde am Donnerstag eine „persönliche Erklärung“ abgeben. Aus seinem Büro hieß es dazu, der Präsident werde lediglich im Plenum seine Sicht der Dinge noch einmal unterstreichen.
Auch der stellvertretende NEOS-Klubchef Nikolaus Scherak gab neuerlich zu verstehen, dass die Opposition das Amt des Nationalratspräsidenten durch die Causa beschädigt sieht. Mit einem freiwilligen Rückzug Sobotkas ist nicht zu rechnen, bestätigte die ÖVP-Spitze dem ORF.
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