Autorin Eva Rossmann fand wenige Tage vor Weihnachten noch Zeit, mit der „Krone“ über ihren neuen Krimi „Fine Dying“ zu plaudern - und über Küchenroboter, die Kunst des Würzens und nicht angenommene Literaturpreise aus Niederösterreich.
Ihr Krimi „Fine Dying“ ist der zweite Ihrer Mira-Valensky-Serie, der in der Gastronomie spielt. Inwiefern schließt sich hier ein Kreis?
Meinen ersten Gastro-Krimi habe ich vor 20 Jahren geschrieben, wegen dieses Buches habe ich damals in Manfred Buchingers Gasthaus „Zur Alten Schule“ im Weinviertel mitgekocht - zu Recherchezwecken. Das hat mich dann ja dazu gebracht, die Kochprüfung abzulegen. Seitdem hat sich wirklich viel verändert - nicht nur in der Gastronomie, an dieser lässt sich aber vieles festmachen: Fachkräftemangel, Zuwanderung, Freude und Luxus in Zeiten der Krise. Was können, was dürfen wir uns noch leisten? Und manches bleibt in der Gastronomie einfach immer gleich: Man muss etwas von einem Freak haben, wenn man etwas wirklich Gutes auf die Beine stellen will, mit allem, was man hat. Und so ist dieses Buch trotz allem Problematischen und natürlich Mörderischen auch eine Liebeserklärung an das verrückte Küchenuniversum.
Sie zeichnen ein wirklichkeitsnahes Bild der Gastro-Szene: Immer mehr Wirtshäuser sperren zu, und die Top-Lokale rentieren sich nicht. Löst sich das alles auf?
Nicht nur das, wir leben in einer echten Umbruchszeit. Andererseits war auch vieles überhitzt. Immer musste man noch eins drauf setzen, um wahrgenommen zu werden, das rechnet sich nicht unbedingt. Aber es gehört eben auch zur Kochkunst dazu, das Übertriebene, das Hochgekünstelte. Zudem wird die mediale Rezeption multipler. Früher ging es darum, in einem der renommierten Gastro-Führer erwähnt zu werden. Heute können zwei Food-Blogger über dein Lokal herziehen - und dafür müssen sie nicht mal was vom Fach verstehen. Da kann enorm viel kaputt gemacht werden, gerade wenn man am Anfang seines gastronomischen Weges steht. Und zum Wirtshaussterben muss man festhalten, dass früher einfach immer Familienmitglieder mitgeholfen haben, das ist heute ganz anders. Viele wollen das nicht mehr oder haben gar keine Zeit dafür. Zudem übernimmt die nächste Generation nicht mehr automatisch das Gasthaus der Eltern. Der Zugang zur Arbeit hat sich stark geändert.
Gibt’s auch Lichtblicke in der Gastro-Szene? Etwas, das positiv stimmen könnte?
Klar: Diejenigen, die es gut und gern machen, werden überleben. Das Angebot wird wohl geringer, aber insgesamt besser. Es kommen nach wie vor Junge nach, die etwas erreichen wollen. Auch aus anderen Ländern. Und die arbeiten mit vollem Einsatz, weil sie sich erst ihr neues Leben hier aufbauen müssen. Viele aus Syrien oder dem nordafrikanischen Raum können zudem wirklich gut kochen. Man hat das ja schon bei der ersten Zuwanderungsbewegung gesehen. Viele Menschen aus Kurdengebieten zum Beispiel haben Pizzerien in Österreich aufgemacht.
Sie haben sicher nicht ganz zufällig zwei syrische Köche in den Mittelpunkt ihres neuen Romans gestellt.
Genau, in der „Alten Schule“ hat 2016 ein junger Mann aus Syrien angefangen. Eigentlich hätte er die Sockenfabrik seines Vaters übernehmen sollen, doch da war nichts mehr zu übernehmen. Weil er immer schon gerne gekocht hat, beschloss er in Österreich, das zum Beruf zu machen. Mittlerweile spricht er hervorragend Deutsch, hat die Kochprüfung abgelegt, seine Freundin nachgeholt, die studiert - und zudem ist er ein richtig guter Koch geworden. Natürlich gibts auch andere, die aus Syrien herkommen, die langsamer sind, die nicht so gut Deutsch lernen, weil sie daheim schon nicht viel Zeit in der Schule verbracht haben. Die machen dann Hilfsjobs, oft sogar mehr als einen, weil sie sich auch etwas aufbauen wollen. Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass es nicht die Syrer, die Afghanen oder sonst irgendeine Gruppe gibt, sondern dass jeder einzelne anders ist, weil sie aus ganz unterschiedlichen Lebenssituationen kommen. Man muss die Einzelperson wahrnehmen, nicht eine Gruppe oder gar eine „Bedrohung“.
Das Thema Migration beherrscht den politischen Diskurs in vielen Ländern. Wie sollte Europa damit umgehen?
Es gibt keine einfache Lösung zu dieser Frage. Alle, die guten Willens sind, sollten das zugeben. Aber je individueller man an die Sache herangeht, umso besser ist es. Klar ist, dass die Zugewanderten auch Integrationsleistungen erbringen müssen. Ist jemand zu faul oder unwillig dafür, dann muss das immer wieder klargemacht werden. Es braucht aber auch ein besseres Angebot hier, mehr Deutsch-Kurse etwa, gerade auch für die Frauen, die oft sehr zurückgezogen leben. Das wäre auch ein Beitrag gegen die Vereinzelung. Und absurd ist es natürlich, Menschen, die hier ausgebildet wurden, wegzuschicken. Da sollten auch Politiker - quer durch alle Parteien - mehr Mut beweisen. Gut integrierte Menschen abzuschieben, nur weil die Vorschrift gerade so lautet, ist wenig sinnvoll. Da müssen eben die Vorschriften geändert werden. Es handelt es dabei ja nicht um Naturgesetze.
In „Fine Dying“ geht´s auch um Künstliche Intelligenz und Roboter in der Küche. Werden die irgendwann die besseren Menschen sein?
Roboter und Computer können hervorragend mit Datenmengen umgehen, sie können eben rechnen. Aber das Kreative, die Abweichung, das Perspektivische, das können sie nicht. Würzen zum Beispiel - denn das ist etwas, das im Moment entsteht - und erst dann wird es eben richtig gut. An der Musik erkennt man es auch, klar können KI bereits Musik machen. Aber es wirkt meist recht seelenlos, ganz besonders beim Jazz, weil diese Verschleifungen und Verzögerungen eben nicht zu berechnen sind.
Das Land Niederösterreich hat Ihnen heuer einen Preis zuerkannt, den Sie aber nicht angenommen haben. Warum?
Ursprünglich habe ich mich wirklich über den niederösterreichischen Literaturpreis gefreut. Doch in der Landesregierung ist eine Partei vertreten, die ganz bewusst Gruppen gegeneinander ausspielt, die keine Sachlösungen bringt, die keine anderen Positionen zulassen will, die unsere demokratischen Grundwerte zersetzen will. Hätte ich den Preis angenommen, hätte es vielleicht den Anschein erweckt, dass ich das akzeptiere - das wollte ich nicht. Der Preis war mit 11.000 Euro dotiert, nicht gerade wenig Geld. Zum Glück verhungere ich ohne diese Auszeichnung nicht.
Weihnachten ist für viele etwas ganz Besonderes, wie feiern Sie dieses Fest?
Ich besuche wie jedes Jahr meine mittlerweile 91-jährige Mutter in Graz, die noch gut drauf ist und alleine lebt. Auch meine Schwester und mein Neffe samt Familie werden da sein, weitere Verwandte werden dann per Video dazugeschaltet. Für das Kulinarische sorge ich. Die Vorspeise wird eine sardische Safran-Fregola werden, dann gibt‘s Wildschwein-Mini-Fleischlaberl, dazu eingelegtes Gemüse. Der Rest steht noch nicht fest, da lasse ich mich noch am Markt inspirieren. Fix sind nur noch Orangen aus dem Weinviertel, die ich samt Schale hauchdünn aufschneide - das setzt einen wunderbaren Kontrapunkt zu allem Süßen. Das funktioniert natürlich auch mit Bio-Orangen, die nicht aus dem Weinviertel kommen (lacht).
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