Massive Einschränkung

Handy-Entscheid: ÖVP will jetzt aufs Tempo drücken

Politik
19.12.2023 12:40

Gehören großflächige Datenlecks aus rot-weiß-roten Politblasen der Vergangenheit an? Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Sicherstellung von Handys und mobilen Datenträgern massiv eingeschränkt. Die ÖVP bejubelt den Entscheid, die Grünen wollen vor einer „zeitnahen“ Umsetzung genau hinschauen.

Künftig dürfen Ermittler keine mobilen Datenträger (Handy, Tablet, Datenstick etc.) ohne richterliche Bewilligung beschlagnahmen. Der Entscheid greift noch tiefer: Das Gericht wird künftig auch über die auszuwertenden Datenkategorien, die Inhalte und den Zeitraum bestimmen.

So soll etwa verhindert werden, dass Dritte zu Schaden kommen, deren Daten ebenfalls auf sichergestelltem Material zu finden sein können. 

Der Entscheid einfach erklärt

  • Ein mobiler Datenträger ist kein gewöhnliches Beweismittel.
  • Er gibt einen umfassenden Einblick in wesentliche Teile des bisherigen und aktuellen Lebens. 
  • So können umfassende Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellt werden.
  • Deshalb gilt es, die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
  • Die aktuellen Bestimmungen verstoßen laut VfGH gegen das Datenschutzgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention.

Die aktuelle Regelung tritt spätestens am 1. Jänner 2025 außer Kraft - diese Frist hat der VfGH gesetzt. Erfolgt eine Reparatur des Gesetzes früher, könnte es auch schneller gehen.

Edtstadler will Tempo machen
Die ÖVP, die in Sachen Handy-Beschlagnahmungen eine bewegte Vergangenheit hat, fühlt sich nun bestätigt. „Die bisherige Handhabung der Sicherstellung von Handys im Strafverfahren ist verfassungswidrig“, heißt es aus dem Kanzleramt von Sprecher Daniel Kosak.

Waren sich in der Vergangenheit nicht immer einig: Zadic (li.) und Edtstadler (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Waren sich in der Vergangenheit nicht immer einig: Zadic (li.) und Edtstadler

Verfassungsschutzministerin Karoline Edtstadler will das Gesetz, für das sie „seit Jahren kämpfe“, so schnell wie möglich umsetzen. Die ÖVP-Politikerin schreibt auf der Plattform X: „Die Handydatensicherstellung muss jetzt rasch auf neue Beine gestellt werden. Wir dürfen hier keine Zeit verlieren.“ Aktuell würden mobile Datenträger einkassiert, ohne „zu differenzieren, was relevant ist für das Ermittlungsverfahren“.

Kleines Gerät, große Wirkung: Beschlagnahmte Handys haben in Österreich schon eine Regierung gestürzt. (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Kleines Gerät, große Wirkung: Beschlagnahmte Handys haben in Österreich schon eine Regierung gestürzt.

Grüne wollen Entscheid „analysieren“
Justizministerin Alma Zadic (Grüne) klingt hier weniger euphorisch. Sie begrüße die verfassungsrechtliche Aufklärung und wolle den Entscheid vor einer „zeitnahen“ Umsetzung im Ministerium genau analysieren. „Wichtig ist, dass eine neue Regelung die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung wahrt und die behördlichen Ermittlungsarbeiten nicht gefährdet.“ Deshalb hätte sie und ihr Team bereits im Vorfeld intensive Gespräche mit den Strafverfolgungsbehörden geführt, lässt Zadic mitteilen. 

SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim zufolge ist es nun die Hauptaufgabe, die Wahrung der Grundrechte einerseits mit dem Bedürfnis an wirksamer Strafverfolgung andererseits in Einklang zu bringen. Die Botschaft der Genossin Richtung ÖVP: Die aktuell prominenteste Sicherstellung von mobilen Datenträgern, das Back-up des Handys von Thomas Schmid, sei bei einer richterlich genehmigten Hausdurchsuchung erfolgt.

Auch NEOS fordern schnelle Umsetzung
Die NEOS wollen einer Reparatur der aktuellen Bestimmungen nicht im Weg stehen. Die Partei twitterte: „Die Regierung ist jetzt gefordert, keinesfalls die eingeräumte Reparaturfrist auszunützen, sondern noch im ersten Halbjahr 2024 die notwendige Novelle der Strafprozessordnung in die Wege zu leiten. Wir stehen für die notwendigen Gespräche und Anträge jederzeit zur Verfügung.“

Der Präsident der Richtervereinigung, Gernot Kanduth, sprach von einer „aus grundrechtlicher Sicht sehr wichtigen Entscheidung“. Handys hätten seit der Schaffung des entsprechenden Paragrafen eine deutliche Entwicklung durchgemacht, auch die Möglichkeiten zur Wiederherstellung von Daten seien heute weiter fortgeschritten.

Dafür müsse man auch in Kauf nehmen, dass die vom VfGH gemachten Vorgaben für die Richterinnen und Richter mit Mehrarbeit verbunden sind.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt