Wegen eines Bombenanschlags auf ein Caritasheim in Graz vor 13 Jahren müssen sich seit Dienstag drei Angeklagte vor dem Schwurgericht in Leoben verantworten. Alle drei saßen deswegen auch in U-Haft. Der Erstangeklagte sorgte bei seiner Aussage schließlich für riesiges Aufsehen. Denn er gestand, alles nur erfunden zu haben!
Die unglaublichsten Szenen spielen sich in den österreichischen Verhandlungssälen ab. Wer meint, alles schon erlebt zu haben, wurde am Dienstag in Leoben eines Besseren belehrt. Drei junge Männer, allesamt Familienväter, standen vor dem Geschworenensenat. Angelastet wurde ihnen ein Bombenanschlag auf ein Caritasheim in Graz. Durchgeführt von einem damals 15-Jährigen. Der heute 29-Jährige gestand mehrmals die Tat, er habe sie auch ausgeführt.
Zwei Stunden lang erzählte er den Geschworenen, wie es dazu gekommen war. Dass er als einsamer Bub, von Niederösterreich in die Steiermark gezogen, Anschluss suchte. Und diesen bei den beiden Mitangeklagten - einem damals ebenso 15-Jährigen und einem 19-Jährigen - gefunden hätte. Diese waren der rechtsradikalen Szene zugehörig, einer Gang, die sich regelmäßig in einem einschlägigen Lokal in Mariazell traf. Doch bevor er tatsächlich Mitglied der Gang werden konnte, hatte er eine Mutprobe zu absolvieren.
Attentat als Mutprobe
Der Zweitangeklagte soll ihm ein Attentat auf das Caritasheim in Graz vorgeschlagen haben. Bombe sowie Kleidung bekam er von den beiden zur Verfügung gestellt, genauso das Fluchtauto. Am Tag der Tat „bin ich nach Graz gefahren, hab gewartet, bis es finster ist. Die Tasche hab ich vor dem Eingang deponiert und die etwa sieben Zentimeter lange Zündschnur gezündet“, erzählte der 29-Jährige den Berufs- und Laienrichtern.
Ständige Widersprüche
Wie schon in seinen Aussagen zuvor bei der Polizei, taten sich auch diesmal immer wieder große Fragezeichen auf. Auch die Anwälte der beiden anderen Angeklagten, Bernhard Lehofer und Christopher Ruhri, blieben dabei: „Unsere Mandanten haben nichts mit dieser Sache zu tun!“ Zwar habe der Zweitangeklagte, dessen Frau just am Prozesstag das zweite gemeinsame Kind erwartet, eine bittere Nazi-Vergangenheit. Für diese schäme er sich mittlerweile aber zutiefst. Mit dem Anschlag habe er absolut nichts zu tun.
Als sich der Erstangeklagte erneut in Widersprüche verstrickte, fragte die vorsitzende Richterin Sabine Anzenberger: „Kann es sein, dass Sie jemanden decken? Es gibt zwar DNA-Spuren auf den Bombenresten, aber keine davon gehören zu Ihnen oder den Mitangeklagten. Sagen Sie uns die Wahrheit!“
Kann es sein, dass Sie jemanden decken? Sagen Sie uns die Wahrheit!
Richterin Sabine Anzenberger
„Alles nur erfunden“
Der Angeklagte senkte den Kopf. Nach einer kurzen Nachdenkpause fragte er um die Möglichkeit, sich mit seinem Anwalt zu besprechen. Wenige Minuten später kehrten die beiden zurück. Gebannte Blicke auf den Anwalt, der verkündete: „Mein Mandant hat sich bei seinen Einvernahmen unter Druck gesetzt gefühlt. Er war an besagtem Tag nicht vor Ort, er hat mit der Sache nichts zu tun. Er hat alles erfunden.“ Ein Raunen ging durch die Runde, fragende, fassungslose Gesichter blieben im Raum zurück.
Ich dachte, es glaubt mir keiner und ich kann meine Unschuld nicht beweisen. Es tut mir leid, dass ich diesen Scheiß gemacht habe. Bei den anderen beiden entschuldige ich mich natürlich. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.
Der Erstangeklagte
„Bitte, warum gestehen Sie eine Tat, auf die immerhin eine lebenslange Freiheitsstrafe im Falle einer Verurteilung droht, obwohl Sie diese nicht begangen haben? Und ziehen noch dazu zwei völlig Unschuldige mit rein?“, wollen Sabine Anzenberger und Beisitz Armin Scheck wissen. „Ich hab mich so unter Druck gesetzt gefühlt bei der Polizei. Immerhin hatte ich damals niemanden, der mich entlasten konnte. Ich dachte, ich muss meine Unschuld beweisen. Es tut mir leid, dass ich diesen Scheiß gemacht hab. Bei den anderen beiden werde ich mich entschuldigen, das ist das Mindeste, was ich tun kann.“
Ob die beiden ihm verzeihen werden? Fraglich, denn immerhin haben sie deswegen eine Weile im Gefängnis verbracht. Ein Urteil ist frühestens am Mittwoch zu erwarten.
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