Die Unabhängigkeit der Rechtsberatung für Asylwerber ist durch die Bundesbetreuungsagentur (BBU), die unter Türkis-Blau eingerichtet wurde, nicht hinreichend gesetzlich abgesichert. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in einem Gesetzesprüfungsverfahren entschieden. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf werde verletzt.
Die entsprechenden Bestimmungen werden als verfassungswidrig aufgehoben. Bis 1. Juli 2025 hat der Gesetzgeber nun Zeit, eine gesetzliche Neuregelung vorzunehmen.
Beratungen seit 2019
Seit Juni 2019 ist die BBU, die zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes steht, damit betraut, die kostenlose Rechtsberatung von Asylwerbern im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durchzuführen. Zuvor führten vor allem Vereine derartige Beratungen durch.
Im Dezember 2022 beschloss der VfGH, mehrere Bestimmungen im BBU-Errichtungsgesetz (BBU-G) sowie im Verfahrensgesetz für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA-VG) von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Bedenken werden unter anderem im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Grundrecht auf „effektiven gerichtlichen Rechtsschutz“ geäußert.
Asylwerber haben Anspruch auf Rechtsberatung
Asylwerbern ist für ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. Dieser muss den jeweiligen Asylwerber etwa bei der Einbringung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) unterstützen und hat unabhängig und weisungsfrei zu agieren. Bis zur Errichtung der BBU oblag die Auswahl der Rechtsberater vor dem BVwG dem Bundeskanzler. Mit der Durchführung der Rechtsberatung konnten auch Vereine wie die Diakonie betraut werden.
Keine Unabhängigkeit vom Minister
Ebenjene Unabhängigkeit vom Innenminister sieht der VfGH bei den Rechtsberatern der BBU nicht gegeben. Zwar ist diese gesetzlich festgeschrieben, die Stellung der Berater innerhalb der BBU und gegenüber dem Innenminister, der gesellschaftsrechtlich als Eigentümervertreter fungiert, ist jedoch in einem Vertrag näher ausgestaltet, der die Geschäftsführung der BBU in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht an Weisungen des Innen- sowie der Justizministerin bindet, heißt es einer Presseaussendung des VfGH am Freitag.
Rechtsform GmbH ist verfassungskonform
Verfassungskonform ist laut der Prüfung des VfGH hingegen die Rechtsform der GmbH. „Die so gestaltete Rechtsberatung und -vertretung stellt - anders als z.B. bei der Covid-19-Finanzierungsagentur (COFAG) - keine funktionell staatliche Verwaltungsführung dar“, so die Entscheidung des VfGH. Zwar habe der Gesetzgeber einen staatlich beherrschten Rechtsträger mit der Rechtsberatung und -vertretung beauftragt, diese Tätigkeit sei aber eine Leistung für die Betroffenen, die auch von Privaten erbracht werden kann und erbracht wird. Daher ließen sich die BBU oder einzelne Rechtsberater nicht der staatlichen Verwaltung zuordnen.
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