Was tun bei Pleite?

Privatkonkurs: Zwischen Schulden und Scham

Steiermark
26.01.2024 08:00

Drei Steirer schlitterten im Vorjahr pro Tag in die Pleite. Im Durchschnitt hatten sie 104.000 Euro Schulden. Wien war mit 2881 Privatinsolvenzen Spitzenreiter. Doch wie gerät man in diese finanzielle Schieflage und was kann man tun? Die „Steirerkrone“ hat mit Experten gesprochen und weiß Rat.  

Krankheit, Arbeitslosigkeit, Scheidung: Es gibt sehr viele Gründe dafür, warum sich die eigene finanzielle Situation auf einmal massiv verschlechtert. Wer seine Rechnungen nicht mehr begleichen kann, ist faktisch überschuldet. Ein Privatinsolvenzverfahren kann dann aus der finanziellen Klemme helfen.

Mehr als 1000 Steirer rutschten in die Pleite
Laut aktueller Analyse des Kreditschutzverbandes KSV1870 mussten im Vorjahr 1034 Steirer diesen Weg gehen. „Das entspricht im Durchschnitt drei Schuldenregulierungsverfahren pro Tag, die an einem steirischen Bezirksgericht eröffnet wurden“, rechnet Rene Jonke, KSV1870-Leiter der Region Süd, im Gespräch mit der „Krone“ vor. Der weibliche und männliche Anteil war mit 42,7 Prozent zu 57,3 Prozent recht ähnlich.

Kreditschützer rechnen wieder mit einem Anstieg
Zwar war die Steiermark mit 1,4 Prozent Minus das einzige Bundesland mit einem Rückgang bei den privaten Pleiten, „mit einer entscheidenden Erleichterung ist allerdings weiterhin nicht zu rechnen“, weiß Jonke. Denn die ohnehin schon hohen Ausgaben fürs tägliche Leben würden weiter steigen. „Zudem wissen wir aus Erfahrung, dass Privatkonkurse zumeist mit einer gewissen Verzögerung eintreten.“

Gerechnet wird mit rund 1150 Insolvenzen in diesem Jahr. Auch wenn sich die Steirer ihre Ausgaben doppelt und dreifach überlegen, gibt es Fixkosten, an denen nicht gerüttelt werden kann und die immer höher werden.

Rene Jonke, Leiter der Region Süd im Kreditschutzverband von 1870, weiß: „Privatinsolvenzen werden wieder steigen.“ (Bild: Christian Jauschowetz)
Rene Jonke, Leiter der Region Süd im Kreditschutzverband von 1870, weiß: „Privatinsolvenzen werden wieder steigen.“

„Der Weg in die Pleite ist nicht peinlich“
Wenn man merkt, dass man Bauchweh kriegt, sobald die Post kommt, sollte man Hilfe suchen. Je früher desto besser. Doch nur ein Bruchteil der Betroffenen geht ein Insolvenzverfahren an, um Schulden loszuwerden. Zu groß ist die Scham. „Eine Privatinsolvenz ist immer mit einer gewissen Stigmatisierung verbunden“, weiß der Grazer Rechtsanwalt Christoph Rappold (Kanzlei Reif und Partner).

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Eine Privatinsolvenz ist immer mit einer gewissen Stigmatisierung verbunden.

Rechtsanwalt Christoph Rappold (Kanzlei Reif und Partner)

„Die Insolvenz ist im Internet in öffentlichen Registern einsehbar, oftmals sperrt das Insolvenzgericht zudem das Konto.“ Dennoch stelle der Weg in die Insolvenz keine Schande dar. „Ein schuldenfreier Neustart ins Leben ist jedenfalls möglich“, betont der Anwalt aus jahrelanger Erfahrung.

Vorhandenes Vermögen wird verwertet
Doch wie läuft das Verfahren jetzt grundsätzlich ab? „Die Privatinsolvenz wird durch einen so genannten Eigenantrag des Schuldners bei Gericht eingeleitet“, erklärt Rappold. Es folgt ein Zinsen- und Exekutionsstopp. Dann beginnt eine Vermögensverwertung - sofern Vermögen (wie ein Auto oder andere pfändbare Dinge) vorhanden ist. Die Gläubiger müssen dann innerhalb einer Frist ihre Forderungen bei Gericht anmelden.

Sind alle Forderungen bekannt, gibt es mehrere Möglichkeiten, aus der Schieflage zu kommen: Der Betroffene kann den Gläubigern etwa einen Sanierungsplan anbieten. Innerhalb einer Maximalfrist von fünf Jahren müssen zwanzig Prozent der Schulden bezahlt sein.

Weiß juristischen Rat, wenn Steirer nicht mehr weiter wissen: Der Grazer Anwalt Christoph Rappold von der Kanzlei Reif und Partner (Bild: Christian Jauschowetz)
Weiß juristischen Rat, wenn Steirer nicht mehr weiter wissen: Der Grazer Anwalt Christoph Rappold von der Kanzlei Reif und Partner

„Sollte aufgrund der schlechten Einkommenslage auch ein Zahlungsplan nicht möglich sein, bleibt als letzte Chance nur mehr der Weg ins Abschöpfungsverfahren“, schildert der Anwalt. Hier wird das Einkommen bis zum Existenzminimun für drei Jahre an einen Treuhänder abgetreten, der die Rückzahlungen verteilt.

Schuldner muss am Existenzminimum leben
Häufiger kommt es zum Zahlungsplan. Eine bestimmte Rückzahlungsquote wird vereinbart, die der Einkommenslage der nächsten drei Jahre entspricht. Der Betrag muss innerhalb von drei bis maximal sieben Jahren zurückbezahlt werden. Dem Schuldner bleibt das Existenzminimum.

Eine juristische Begleitung ist in der Insolvenz jedenfalls sinnvoll, dabei kommen im Schnitt Kosten von gut 1500 Euro dazu.

Hauptgrund ist die Selbstüberschätzung
Die häufigsten Gründe für private Pleiten sind übrigens fahrlässiges Verschulden mit 28 Prozent (finanzielle Selbstüberschätzung, schlechtes Konsumverhalten und verantwortungslose Lebensführung wie Spekulation) dicht gefolgt vom Weg in die Selbstständigkeit mit knapp 27 Prozent.

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