Aktuelle Rahmenbedingungen machen Unternehmen massiv zu schaffen. Von IV-Präsident Stefan Stolitzka „abwärts“ äußern viele scharfe Kritik an der Politik.
Die Stimmung unter den steirischen Industriekapitänen passt aktuell so gar nicht zu den frühlingshaften Temperaturen. „Mit einer insgesamt fast 20-prozentigen Personalkostensteigerung nach zwei Kollektivvertragsabschlüssen innerhalb von nur zwölf Monaten haben Vernunft und Verantwortung für den Industriestandort Österreich abgedankt“, spricht etwa Herbert Decker, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Liezen mit etwa 700 Mitarbeitern, Klartext.
Er geht davon aus, dass deshalb viele Unternehmen ihre Existenz verlieren werden. „Zigtausende Arbeitsplätze werden so in Billiglohnländer verschoben und die Zeche dafür zahlen letztlich wir alle.“
Ähnlich sieht’s Markus Ritter vom Stahl- und Walzwerk Marienhütte in Graz: „Bei uns kommt hinzu, dass die Zinsen den für uns wichtigen Bausektor stark bremsen. Und wir werden auf diesem bescheidenen Niveau wohl noch eine Zeit lang bleiben. Eine glorreiche Renaissance, wie nach der Pandemie, sehe ich nicht.“
Mathias Varga, Vertriebsleiter vom Sonnenschutzproduzenten Woundwo in Gabersdorf spricht auch von vielfältigen Herausforderungen. „Den Kopf in den Sand zu stecken, ist aber keine Lösung.“ Anders die Situation beim Technologieberater Bearingpoint in Premstätten: „Wir verspüren aktuell sogar verstärktes Interesse an unseren Produkten und Services“, sagt Geschäftsführer Markus Seme.
Auch Stefan Stolitzka, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, blickt aktuell nicht wirklich optimistisch in die Zukunft. Mit der „Krone“ sprach er über Auswege aus der Krise und vorgezogene Neuwahlen.
Krone: Herr Präsident, die IV-Konjunkturumfrage liefert alles andere als erbauliche Ergebnisse. Ist es wirklich so schlimm?
Stefan Stolitzka: Unsere Konjunkturumfrage spiegelt leider die Stimmung wider, die ich in vielen persönlichen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der steirischen Industrie erlebe. Wir sind inmitten einer Industrierezession und es fehlt noch die Aussicht auf eine spürbare Verbesserung der Lage. Das wird auch am Arbeitsmarkt nicht ohne Folgen bleiben.
Warum findet die heimische Industrie nicht und nicht aus dieser Rezession?
Unsere Entwicklung bestimmen zwei Faktoren: die weltweite Konjunktur und unsere eigene Wettbewerbsfähigkeit. Es ist entscheidend, wie sich unsere wichtigsten Exportmärkte - allen voran Deutschland - entwickeln und wie es uns gelingt, von wachsenden Märkten zu profitieren. Die nach wie vor hohen Kosten für Energie und die massiv gestiegenen Kosten für Personal erleichtern es uns nicht, Aufträge nach Österreich zu holen.
Welche Reformen bräuchte es für einen Aufschwung?
Der bürokratische Aufwand ist bedenklich gestiegen. Das verursacht Kosten, die uns im Wettbewerb hemmen und macht uns enorm langsam. Mit schnelleren Verfahren können wir von einer konjunkturellen Erholung rascher profitieren. Weitere Reformfelder sind die Senkung der Lohnnebenkosten und auch die Reduktion der Abgabenlast ist überfällig.
Das Thema Export ist dieser Tage um eine Facette reicher. Stichwort Lieferkettengesetz.
Die EU-Richtlinie sieht aktuell vor, dass Betriebe die genauen Bedingungen der Herstellung aller von ihnen zugekauften Produkte und Rohstoffe von Lieferanten und wiederum deren Zulieferern kontrollieren. Das ist einfach nicht schaffbar. Wir alle unterstützen die Anliegen, die hinter der Richtlinie stehen - sie müssen aber politisch gelöst werden und können nicht an Unternehmen delegiert werden.
In der Steiermark steht ein Superwahljahr an. Wie sehen Sie die Diskussionen um vorgezogene Wahltermine?
Wir haben aktuell eine enorme Zahl an Herausforderungen zu meistern. Das gelingt nur durch konstruktive Arbeit. Erst wenn diese nicht mehr möglich ist, sind entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Es gibt aber noch genug zu tun.
Die Wahlkampfzeit ist auch die Zeit der Wahlversprechen - wie sehen Sie die Diskussion um eine Vier-Tage-Woche?
Wir müssen unterscheiden zwischen einer Vier-Tage-Woche und einer Arbeitszeitverkürzung. Die Mehrheit der Kollektivverträge ermöglicht es, die Arbeitszeit auf vier Tage aufzuteilen. Darüber hinaus bieten viele Betriebe verschiedenste Modelle an. Anders ist es bei der Arbeitszeitverkürzung.
Und zwar
Diese künstliche und realitätsferne Positionierung halte ich für eine fulminante Themenverfehlung. Wir würden damit eine Abwärtsspirale auslösen, die Österreich und die Steiermark nach unten ziehen würde.
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