14-Jährige getötet

Mordfall Paulina: Fünf Jahre Haft für Stiefbruder

Österreich
26.06.2012 21:22
Beim Prozess im Mordfall der 14-jährigen Paulina aus Bad Ischl ist ihr 20-jähriger Stiefbruder am Dienstagabend im Landesgericht Wels zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er bekannte sich schuldig, am 5. Juli 2011 Beitragstäter beim Mord seines Vaters an dem Mädchen gewesen zu sein. Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage einstimmig. Die Zusatzfrage, ob entschuldigender Notstand vorliege, verneinten sie. Der Angeklagte nahm den Spruch gefasst auf.

Für das Gericht überwogen die Milderungsgründe, weshalb die Strafe am unteren Rahmen von fünf bis 20 Jahren angesiedelt ist. Auch die auffallend gute Zukunftsprognose des Gerichtspsychiaters habe dazu beigetragen, so die Vorsitzende Richterin.

Zusätzlich bekamen die anwesenden Privatbeteiligten - Paulinas Mutter und andere Angehörige - insgesamt über 17.000 Euro zugesprochen. Auf die Freiheitsstrafe wird dem Beschuldigten die seit 5. Juli 2011 verbüßte U-Haft angerechnet. Der 20-Jährige erbat nach Rücksprache mit seinem Anwalt (re. im Bild) Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

Vater erhängte sich in Gefängniszelle
Paulinas 20-jähriger Stiefbruder und dessen Vater hatten nach der Tat bei der Polizei ein Tatsachengeständnis abgelegt. Der 48-jährige Hauptverdächtige nahm sich im Oktober in einer Gefängniszelle das Leben. Er war mit Paulinas Mutter verheiratet, sie hatte sich aber im Jänner 2011 von ihm getrennt und war mit ihren Kindern ausgezogen. Das traf den Mann, der auch gewalttätig sein konnte, schwer - er wollte sich rächen.

Laut Anklageschrift passten die beiden Männer Paulina am 5. Juli in Bad Ischl auf dem Schulweg ab, der Stiefvater zog ihr eine Taschenlampe über den Kopf und zerrte sie ins Auto, das sein Sohn dann zu einem von beiden ausgehobenen Erdloch in St. Wolfgang lenkte. Zu diesem Zeitpunkt lebte das Mädchen noch. Der Vater befahl seinem Sohn, ihm einen Strick zu reichen, so der Ankläger. Das Würgen führte schließlich zu Paulinas Tod.

Die Obduktion ergab, dass das Mädchen ein massives stumpfes Schädel-Hirn-Trauma und eine Strangulierung erlitten hatte. Laut Gutachten hätten jedoch allein die Schläge schon tödlich sein können. Der Angeklagte habe bis zuletzt gehofft, dass der Vater von dem Plan ablasse. "Ich hätte ihm das nicht zugetraut", wiederholte der 20-Jährige, der während des Prozesses Gefühle zeigte, mehrmals.

"Keine Voraussetzungen für eine Einweisung"
Der junge Mann leide an keiner psychischen Erkrankung, werde aber in einer forensischen Abteilung betreut, erörterte Gerichtspsychiater Reinhard Haller. Die Voraussetzung für eine Einweisung in eine Anstalt läge nicht vor, so der Psychiater. Der 20-Jährige sei nicht unfrei im Willen gewesen, aber eingeengt in seinem Steuerungsverhalten. Er habe wohl starke Angst vor dem Vater gehabt, aber keine krankhaften Zustände, die den Willen völlig aufheben. Der Vater sei ein schwerer Narzisst und psychopathischer Mensch, dazu unglaublich kränkbar gewesen. Überforderung treffe wohl den Zustand des Angeklagten vor und bei der Tat. "So schwere Störungen, dass er nicht die Polizei rufen oder weglaufen hätte können, hatte er nicht", erklärte der Psychiater.

Entschuldigender Notstand verneint
Der Staatsanwalt hatte einen Schuldspruch und die Verneinung eines entschuldigenden Notstandes gefordert. Es sei ein heimtückischer Mord gewesen, da dem Opfer vorgegaukelt wurde, man bringe es in die Schule oder zum Frühstücken. "Der Beschuldigte war sowohl in der Lage zu entscheiden, was darf ich tun und was nicht, und es wäre ihm möglich gewesen, anders zu handeln", so der Staatsanwalt. Die Geschworenen folgten seiner Ansicht.

Als Milderungsgründe führte er die bisherige Unbescholtenheit, das Geständnis sowie die eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit durch den Einfluss des Vaters an. Erschwerend seien die Mitwirkung bei einer hinterhältigen Tat und ihr hoher Planungsgrad.

"Es tut mir von ganzem Herzen leid"
Der Verteidiger rechnete alle Erschwerungsgründe dem Haupttäter zu und sah viele Milderungsgründe für seinen Mandanten, der dem "Ungeheuer" von Vater hilflos ausgeliefert gewesen sei. Als er versuchte, den 48-Jährigen von der Tat abzuhalten, habe der ihn mit einem Messer an der Kehle bedroht. Sein Vater sei sein "Ein und Alles, mein Allmächtiger" gewesen, so der 20-Jährige, der aber auch aussagte, dass der Vater ein brutaler Mensch gewesen sei, der ihn und seine Frauen geschlagen habe. Er wisse, dass das nichts mehr ändern könne, aber "die Sache tut mir von ganzem Herzen leid, und ich möchte mich bei der Familie entschuldigen", schloss der Angeklagte.

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