EU-Stabilitätspakt

Grünes Licht für milliardenschwere Haftungen

Österreich
02.07.2012 10:57
Die grüne Parteispitze hat sich am Montag endgültig auf die Unterstützung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM festgelegt. "Ich werde dem Klub die Zustimmung zu den Verträgen empfehlen", sagte Grünen-Chefin Eva Glawischnig nach einer Sitzung mit den Spitzen der Koalition Montag früh. Am Mittwoch sollen die ESM-Gesetze vom Nationalrat verabschiedet werden.

Die von den Grünen mitverhandelten Mitspracherechte des österreichischen Parlaments seien "europaweit einzigartig", darüber hinaus habe es Zusagen der Regierung gegeben, sich für eine wirtschaftspolitische Neuorientierung der EU sowie eine Abhaltung eines Konvents einzusetzen, so Glawischnig.

Die SPÖ/ÖVP-Regierung braucht für die Verabschiedung der Begleitnovelle und Veränderungen im EU-Grundlagenvertrag die Stimmen einer Oppositionspartei, um die verfassungsrechtlich gebotene Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Der permanente Euro-Rettungsschirm soll Euro-Krisenstaaten wie Griechenland oder Spanien bei der Finanzierung ihrer Verbindlichkeiten helfen.

41,1 Milliarden Euro schwere Haftungen
Die Republik Österreich wird im Rahmen des ESM mit insgesamt 19,5 Milliarden Euro haften, zusätzlich zu 21,6 Milliarden Euro an Zusagen, die für den provisorischen Rettungsschirm EFSF abgegeben wurden. Dieser soll nach dem aktuellen Stand noch wenigstens ein Jahr weiterbestehen.

"Europa braucht die Zustimmung zum ESM von allen europäischen Ländern zum Schutz gegen Spekulanten und gegen die Finanzmärkte, die ohnedies schon ein zu hohes Gewicht haben", erklärte Bundeskanzler Werner Faymann, der sich bei den Grünen ausdrücklich für deren Unterstützung bedankte. Das ESM-Begleitgesetz spiegle in einem hohen Ausmaß grüne Forderungen wider.

In dem Begleitgesetz werden zwei Unterausschüsse eingesetzt, die Finanzministerin Maria Fekter mit einfacher Mehrheit die Ermächtigung für den Beschluss wesentlicher ESM-Entscheidungen erteilen können. Einer der beiden Ausschüsse tagt vertraulich.

Eine weitere Gesetzesänderung, für die eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, ist eine Erweiterung des EU-Grundlagenvertrags, der eigentlich die Haftung von Mitgliedstaaten für die Schulden anderer Länder ausschließt. Die sogenannte No-bail-out-Klausel bleibt bestehen, sie wird aber durch einen Absatz ergänzt, der besagt, dass eine Hilfe über einen eigenen Stabilitätsmechanismus sehr wohl möglich ist.

"ESM kein Teufelszeug"
Die parlamentarische Unterstützung zeige, dass der ESM "kein Teufelszeug" sei, "sondern eine "sinnvolle Art, den Rettungsschirm auf neue Beine zu stellen", erklärte Vizekanzler Michael Spindelegger. Das neue Gesetz erlaube eine parlamentarische "Mitbegleitung" des neuen Euro-Rettungsschirms.

Von den Grünen hat Vize-Klubchef Werner Kogler die Bedingungen mitverhandelt: Die Regierung habe zugesagt, sich auf europäischer Ebene für eine Änderung der EU-Verträge auf dem Wege eines Konvents starkzumachen. Dies solle laut Kogler ab Jahresende 2012 passieren, die Versammlung könnte dann 2013 tagen. Nachher werde es wohl zu einer Volksabstimmung kommen müssen, aus rechtlichen Gründen wahrscheinlich (auch) auf nationaler Ebene.

Die Grünen wünschten sich aber eher eine europäische Volksabstimmung über allfällige Vertragsänderungen, sagte Kogler. Man werde "zum Schutz der Steuerzahler" mit der Regierung einen Entschließungsantrag zur Bankinsolvenz einbringen.

"Mehrheit der Österreicher will nicht aus dem Euro"
Finanzministerin Fekter hatte bereits in den frühen Morgenstunden des Montags das Einlenken der Regierungsparteien auf Bedingungen der Grünen angedeutet. "Eine breite Mehrheit der Österreicher will nicht aus dem Euro und der EU heraus", betonte sie.

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