Am Weltfrauentag gibt sich die steirische Frauenlandesrätin Simone Schmiedtbauer als „pragmatische Feministin“. Im Interview mit der „Krone“ spricht sie über Finanzberatung, Frauenmorde, die ausstehende Gewaltambulanz in Leoben - und über persönliche Erfahrungen mit Sexismus.
„Krone“: Sie sind erst seit fünf Monaten Frauenlandesrätin. Was qualifiziert Sie für das Amt?
Simone Schmiedtbauer: Der erste Punkt ist schon einmal, dass ich selbst Frau bin. Wir Frauen müssen über die Themen reden, die uns beschäftigen und belasten. Außerdem bin ich Mutter zweier Töchter - und ich durfte viele Facetten des beruflichen Lebens kennenlernen. Ich war Angestellte in einer Bank, ich habe die Sichtweise einer Selbstständigen als Land- und Forstwirtin und habe meine politische Karriere in der Kommunalpolitik begonnen. Als ich als Quereinsteigerin Vizebürgermeisterin wurde, fragte mich ein Bekannter, ob ich nur für das Foto da bin oder ob ich das ernst meine. Dann habe ich mir gedacht, dem will ich es beweisen.
Österreichweit gab es heuer bereits sieben Frauenmorde. Unterstützen Sie die Meinung von Frauenministerin Susanne Raab, dass im Bereich Gewaltschutz bereits genug getan wird?
Wenn wir davon reden, wie viele top-aufgestellte Organisationen wir haben, dann kann ich die Meinung teilen. Aber Luft nach oben gibt es immer. Das Erschreckende für uns in der Steiermark war bei den Femiziden im Jahr 2023, dass keine einzige dieser Frauen vorab wo angedockt und um Hilfe gefragt hat. Dieser Sache müssen wir auf den Grund gehen: Wie können wir diese Frauen erreichen? Wir treffen uns regelmäßig in Form eines Gewaltschutzbeirats, wo Experten und Expertinnen aus den unterschiedlichen Bereichen von ihren Erfahrungen erzählen. Außerdem haben wir eine Studie in Auftrag gegeben, die das Umfeld der Frauen und der gewalttätigen Männer beleuchtet. So wollen wir für die nächsten Fälle lernen.
Sie wollen noch heuer zusätzlich zu Graz eine zweite Gewaltambulanz in Leoben eröffnen. Wann wird es so weit sein?
Was das betrifft, sind wir gerade in Abstimmungsgesprächen mit dem Bund gemeinsam mit der Landesrätin Doris Kampus. Wir hoffen, noch vor dem Sommer Konkretes präsentieren zu können, aber können noch kein Datum nennen. Wichtig ist es vor allem, die passenden Ärzte und Ärztinnen für die Gewaltambulanz zu finden.
Haben Sie selbst bereits übergriffige Situationen erlebt?
Nur einmal hatte ich eine Begegnung mit einem Mann, der mich bei der Begrüßung an Stellen berührt hat, die ich mehr als unangebracht fand. Das habe ich sofort und in voller Härte angesprochen. Für mich war das ein No-Go. Ich begegne diesem Mann auch heute noch und beide Seiten haben kein Problem mit einer Umarmung oder einem Begrüßungsbusserl - nur heute werde ich gefragt, ob ich will.
Die Zahlen zeigen, dass die Steiermark eine enorm hohe Quote an Teilzeitbeschäftigungen hat – bei kinderlosen Frauen sind wir sogar an der Spitze Österreichs. Das wirkt sich auf die Pensionen aus.
Frauenlandesrätin Simone Schmiedtbauer
Sie sind auch Jugendlandesrätin. Was muss sich für junge Frauen noch tun?
Ich setze stark auf finanzielle Beratung für die nächste Generation. Ich will, dass die Jugend lernt, wie man mit Geld umzugehen hat. Praktische Dinge wie diese werden in der Schule oft hintenangestellt. Wir machen eine sechsteilige Reihe mit dem Namen „Finanzfrau“, wobei auch immer mehr Jugend bei den Veranstaltungen in den verschiedensten Regionen dabei ist. Warum mich das so beschäftigt? Weil die Zahlen zeigen, dass die Steiermark eine enorm hohe Quote an Teilzeitbeschäftigungen hat - bei kinderlosen Frauen sind wir sogar an der Spitze Österreichs. Das wirkt sich auf die Pensionen aus. Außerdem gibt es nach wie vor viele Frauen, die Bürgschaften unterschreiben - aus blinden Vertrauen zu einem Partner. Und es gibt sogar noch einige Frauen in der Steiermark, die kein eigenes Konto besitzen, oder nicht einmal zeichnungsberechtigt sind.
Wer macht bei Ihnen zu Hause den Haushalt?
Mein Mann hat viele Talente, er kann zum Beispiel sehr gut kochen. Aber er wurde auch in dieser Hinsicht von seiner Mutter erzogen. Das einzige, was ich noch mache, ist Wäsche waschen, und das ist mir heilig. Er hat es einmal versucht, aber farblich war das nicht sehr passend. Also diese Fähigkeit werden wir nicht weiter vertiefen, er macht eh sonst alles.
Stichwort Gender Pay Gap: Wie kann dieser in der Steiermark geschlossen werden?
Indem man Aufklärungsarbeit leistet. Ich akzeptiere es, wenn eine Frau nur in Teilzeit arbeiten will, aber wir müssen auf die Konsequenzen hinweisen. Ich will nicht, dass Frauen in die Altersarmut rutschen, und ich will, dass Jugendliche motiviert sind, eine Arbeit zu finden. Eine Arbeit, die Freude macht, das passende Gehalt bringt und durch die man sich auch ein Eigentum anschaffen kann. Denn Eigentum schützt auch vor Altersarmut.
Würden Sie eine Landesregierung unterstützen, die das Gendern verbietet, wie es zuletzt in Niederösterreich umgesetzt wurde?
Nein, das würde ich nicht unterstützen. Ich weiß auch nicht, warum wir diese Diskussion überhaupt führen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum wir uns über gewisse Dinge heute noch unterhalten müssen, weil sie für mich selbstverständlich sind. Als pragmatische Feministin, wie ich mich nenne, versuche ich immer zu gendern.
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